Eichmann: Bürokrat und Massenmörder

 

 von  David Cesarani

 

             Die Englische Ausgabe, hier             

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Sächsische Zeitung
Mittwoch, 27. Oktober 2004

 

Der NS-Schreibtischmörder

 

Eine Biografie über Adolf Eichmann ist erschienen, doch eine Fallstudie hätte genügt

 

Von Wolfgang David

 

David Cesarani: Adolf Eichmann, Propyläen, 593 Seiten, 26 Euro

Erstaunlich nennt es der Verlag, dass die erste große Eichmann-Biografie so spät erscheint. Ach ja? Wie viel muss man denn über jemand wissen, der den Tod von mehr als zwei Millionen Menschen verschuldet hat? Gut, auch andere Ungeheuer bekommen „ihr“ Buch, sofern ihre Vita von öffentlichem Interesse ist oder die Verbrechen erklärt. Streicht man Eichmanns Beitrag zum Holocaust, bleibt hingegen wenig, was sich nicht auch von anderen sagen ließe. Zwar war er nicht der verhuschte kleine Bürokrat, als den ihn manche beschrieben, sondern ein Ehrgeizling von überdurchschnittlicher Intelligenz. So selten, dass ihm eine Biografie zukäme, ist dieser Typ jedoch nicht. Die Bezeichnung Fallstudie hätte es auch getan.

Engagierter Manager des Völkermords

Seine Karriere begann im Geheimdienst. 1934 meldet sich der 28-jährige Adolf Eichmann zum SD, dem Geheimdienst der NSDAP. In dem für Juden zuständigen Referat macht er Karriere. Seine Aufgabe: Durch Terror und Schikanen die jüdische Auswanderung zu beschleunigen. Er ist erfolgreich, doch der NS-Führung schweben bald andere „Lösungen“ vor. Pläne, Juden nach Madagaskar oder Sibirien zu deportieren, werden durch den Kriegsverlauf vereitelt. Spätestens im Januar 1942 fällt die Entscheidung, vom lokalen zum europaweiten Massenmord überzugehen.

So habe er sich das nicht vorgestellt, will Eichmann einem Vorgesetzten gesagt haben, bevor er sich vom Vertreibungsspezialisten zum engagierten „Manager des Völkermords“ mausert. Sein Büro legt die Zahl der Opfer fest und den Ort, an dem sie sterben sollen, beschließt, was mit ihrem Besitz geschieht, koordiniert die Transporte in die Vernichtungslager, stimmt mit der Reichsbahn die Fahrpläne ab. „Hätten wir 50 Eichmänner gehabt, hätten wir den Krieg automatisch gewinnen müssen“, schwärmt Gestapo-Chef Heinrich Müller.

1945 taucht Eichmann unter, flieht später nach Argentinien. Während er sich, nicht ganz zu Unrecht, nahezu vergessen glaubt, hat ihn ein Mann im Visier: Hessens legendärer Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Auf seine Initiative hin verschleppen israelische Agenten Eichmann nach Jerusalem, wo er nach einem Prozess 1962 gehenkt wird.

Eine extrem emotionsarme Darstellung

Bestrebt, die gängigen Stereotype zu korrigieren, polemisiert der britische Historiker David Cesarani vor allem gegen die Philosophin Hannah Arendt. Der beflissene Angeklagte mit Hornbrille und strammer Haltung, als der Eichmann im Prozess auftrat, sei eine Maskerade gewesen, die sie nicht durchschaut habe. Arendt hätte sich wohl nicht ungern täuschen lassen. Das Bild vom willenlosen Befehlsempfänger habe gut in ihre Totalitarismustheorie gepasst. Ihr Diktum von der „Banalität des Bösen“ hätte die Forschung jahrzehntelang eingeengt.

Wie Eichmann tatsächlich war, zeigte sich nach der Festnahme. Hatte er noch im Exil mit seinen Taten geprahlt, bot er den Vernehmern nun an, sich (!) zur Mahnung für alle Antisemiten öffentlich zu erhängen. Als er begriff, dass ihn ein fairer Prozess erwartete, verstieg er sich zu der Behauptung, als heimlicher Zionist das jüdische Volk bei der Suche nach einer Zuflucht unterstützt zu haben. Dass aus Umsiedlung Mord wurde, sei Pech gewesen: „Bei einer guten Staatsführung hat der Untergebene Glück, bei einer schlechten Unglück. Ich hatte kein Glück, denn das damalige Staatsoberhaupt gab den Befehl zur Vernichtung der Juden.“

Um seine Unvoreingenommenheit zu unterstreichen, befleißigt sich der Biograf einer extrem emotionsarmen Darstellung, die zuweilen überzogen wirkt. Bewunderung verdient die Souveränität, mit der er über den Stoff herrscht, ebenso die stilistische Klarheit der deutschen Fassung. In das Kompliment an den Übersetzer Klaus-Dieter Schmidt mischt sich indes ein Wermutstropfen. Mehrmals ist von Eichmann als einer „Ikone“ die Rede. Nun bedeutet „icon“ im Englischen auch Symbol, im hiesigen Sprachgebrauch bezeichnet es noch immer einen Gegenstand der Anbetung.

 

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Neue Zürcher Zeitung, 29. Dezember 2004, Ressort Feuilleton

Das historische Buch

Bürokrat und Massenmörder

Bettina Stangneth

David Cesarani: Adolf Eichmann. Bürokrat und Massenmörder. Aus dem Englischen von Klaus-Dieter Schmidt. Propyläen-Verlag, Berlin 2004. 606 S., Fr. 46.-.

Über keinen Beteiligten am Völkermord des Dritten Reiches ist mehr geschrieben worden als über Adolf Eichmann. R. L. Braham zählte schon Ende der sechziger Jahre 1173 Titel. Bis heute dürfte sich die Anzahl nahezu verdoppelt haben, aber eine veritable, wissenschaftlichen Standards genügende Biografie suchte man darunter bisher vergeblich. David Cesarani hat diesen Missstand behoben. Der britische Historiker gehört zur neueren Generation der Holocaust-Forscher und kennt sich bestens in der Forschungslage aus.

«Adolf Eichmann», so beginnt Cesarani, «ist eine Ikone des 20. Jahrhunderts, ein Symbol des Dritten Reiches und des Völkermords an den Juden.» Dieser Umstand ist für einen Historiker verheerend, denn Symbole entwickeln mitunter ein Eigenleben jenseits historischer Tatsachen. Cesarani wählt den offensiven Weg und räumt der Zeit der Entstehung diverser Eichmann-Bilder nach 1945 den gleichen Platz ein wie Eichmanns Weg zum Massenmörder. Die erste Hälfte des Buches ist der Rekonstruktion des Lebens, der Karriere und der Verbrechen Eichmanns gewidmet. Gegen die Gerüchte von einer gestörten Jugend zeichnet Cesarani das Bild einer Anfang des 20. Jahrhunderts «normalen Kindheit» eines Deutschen in Linz, der zwar seine Mutter früh verliert, aber in einem behüteten Elternhaus aufwächst, kein guter Schüler ist, aber durchaus Freunde hat, schliesslich in schwierigen Zeiten einen Beruf findet und sich als gut aussehender Mann auch über Misserfolg bei Frauen nicht beschweren kann.

Die Stationen

Eichmann stammte aus einem familiären Umfeld, das tendenziell deutschnational war, wozu eine bestimmte Form von Antisemitismus gehörte, die aber nicht ausschloss, dass man jüdische Bekannte hatte. Wenn das aber so ist, dann war Eichmanns NSDAP-Beitritt kein Akt der Rebellion und auch kein Ventil für Judenhass, sondern der Anschluss an eine längst etablierte Partei. Erst spät kommt Eichmann mit dem spezifisch nationalsozialistischen Antisemitismus in Berührung, nämlich durch seine Versetzung zum Sicherheitsdienst (SD). Hier entsteht die pseudorationale These von einer «jüdischen Weltverschwörung».

Cesarani folgt Eichmann durch die Stationen seiner Karriere: von der «Zentralstelle für jüdische Auswanderung» in Wien 1938 über Eichmanns oft übergangene Tätigkeit im Rahmen der «ethnischen Säuberungen» in Polen 1939/40, die «aus einem Experten für freiwillige und erzwungene . . . Auswanderung einen Experten für Massendeportationen» macht, bis zu seiner Herrschaft über das Deportationssystem als «Manager des Völkermords». Entgegen der Vorstellung effizienter Logistik und Mordmaschinerie beschreibt Cesarani überzeugend die teilweise chaotischen Verhältnisse. Eichmanns «Arbeit» bestand nicht aus geordnetem Schreibtischdienst, sondern im geschickten Navigieren in einem nahezu unüberschaubaren Gewirr von Institutionen und Interessen - und das angesichts der Zerstörung und des Grauens, mit dem er ganz direkt konfrontiert war.

Die zweite Hälfte des Buches ist Eichmanns Verschwinden, der spektakulären Gefangennahme, dem Prozess in Israel und seiner Wirkung gewidmet. Dass dieser Teil deutlich abfällt, dürfte auch an dem Duktus des Nacherzählens liegen, der das Prozess-Kapitel bestimmt (in dem man Rückbezüge weitgehend vermisst). Bedauerlicherweise weist der Teil ausserdem zwei Lücken auf. Es fehlt nicht nur der Hinweis auf die psychiatrisch-psychologische Untersuchung Eichmanns zwischen Polizeiverhör und Prozess, sondern Cesarani verzichtet auch auf eine Auseinandersetzung mit Eichmanns Manuskript «Götzen», das zwischen Prozess und Urteilsverkündung entstanden ist. Dass Cesarani diese beiden Zugänge zur Person nicht nutzt, ist unverständlich, auch weil sie für die Einschätzung von Eichmanns ungesicherten Erzählungen über sein Leben folgenreich sind. So wirft Shlomo Kulcsár - der einzige Psychologe, der Eichmann je untersuchte - begründete Zweifel an dem Kindheitsbild auf, das Eichmann gern verbreitete. Und jenes Manuskript enthält viele Hinweise auf das Denken und die Rhetorik eines Mannes, der Verlogenheit beinahe zur Kunstform vervollkommnet hat.

Der Abschnitt «Nach Eichmann» ist der Wirkung des Eichmann-Prozesses gewidmet. Dass Cesarani dabei die Auseinandersetzung um Hannah Arendts «Eichmann in Jerusalem» in den Mittelpunkt stellt, ist naheliegend, da die Diskussion um die «Banalität des Bösen» zu den Ereignissen gehört, die untrennbar mit dem «Symbol» Eichmann verbunden sind. Arendt fragte nach dem Menschen Eichmann. Wer Cesaranis Buch liest, bekommt hingegen den Eindruck, dass dieser Mensch zunehmend aus dem Blickfeld rückt. Es scheint, als scheue die Untersuchung der Institutionen und des Systems den Blick auf den Menschen. So bleibt auch das persönliche Umfeld Eichmanns schemenhaft und auf das Anführen von Gerüchten beschränkt.

Blick auf den Menschen?

Interessanterweise beginnt Cesarani seine Biografie mit dem Hinweis auf «das viel benutzte amtliche Foto des lächelnden, wie ein Filmstar aussehenden jungen SS-Offiziers» (eines der wenigen Fotos im Buch). Man sagt sicher nicht zu Unrecht, dass jeder Blick in ein Gesicht auch ein Blick in den Spiegel ist. Es gehört wohl zur Eigentümlichkeit der Nachkriegsgeschichte, dass ausgerechnet dieses «viel benutzte amtliche Foto» (und nicht nur dieses) meistens seitenverkehrt gedruckt wird. Es scheint, als wäre diese kleine Nachlässigkeit im Umgang mit Eichmann-Bildern symptomatisch für die Scheu, sich Menschen wie diesen genauer anzusehen. Der Widerstand, es zu tun, ist durchaus verständlich, aber demjenigen, der eine Eichmann-Biografie schreibt, steht ein Wegsehen nicht mehr frei. Solange wir uns der eigenen Angst vor dem Hinsehen nicht stellen, besteht die Gefahr, dass wir nur noch mehr Spiegelungen konstruieren, die uns nicht helfen zu verstehen, was hinter dem Spiegel ist.

Gerade die Arbeit Cesaranis, die zeigen will, dass Eichmann sich keineswegs einfach durch irgendeinen psychischen Defekt von uns unterscheidet, fordert ein genaueres Hinsehen auf Eichmanns Person und sein Denken. Cesarani jedoch schliesst: «Der Schlüssel zum Verständnis des Handelns von Adolf Eichmann liegt nicht in seiner Person, sondern in den Ideen, von denen er besessen war, in der Gesellschaft, in der sie verbreitet waren, in dem politischen System, das sie aufgriff, und in den Umständen, die sie akzeptabel machten.» Dennoch machte nicht jeder Mensch in dieser Zeit und unter diesen Umständen dieselbe Karriere, weil eben jeder einen anderen Umgang mit Ideen pflegen kann.

 

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6-1-2005

Manager ohne Moral

Bürokrat und Massenmörder: David Cesarani analysiert Adolf Eichmann

RÜDIGER SUCHSLAND

David Cesarani: "Adolf Eichmann. Bürokrat und Massenmörder".
Propyläen Verlag, Berlin, 606 Seiten; 26 Euro.

Wenn es einen Menschen gibt, der den millionenfachen Mord an den europäischen Juden persönlich verkörpert, so ist dies Adolf Eichmann. Er ist der Inbegriff des einzigartigen Schreckens und zugleich der Idealtypus eines Schreibtischtäters. "Adolf Eichmann ist eine Ikone des 20. Jahrhunderts", schreibt sein Biograf David Cesarani gleich in der Einleitung, "ein Symbol des Dritten Reiches und des Völkermords an den Juden". Doch "nur wenige Männer", fährt er fort, "sind derart mythologisiert und missverstanden worden". Das Erschreckendste an Eichmann, der als Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt einer der Hauptorganisatoren des Völkermords war, ist tatsächlich seine Normalität, Glanzlosigkeit und Gewöhnlichkeit, die die Philosophin Hannah Arendt als Beobachterin des Jerusalemer Prozesses schließlich in die Formel der "Banalität des Bösen" fasste.

Das Erstaunlichste an dieser Biografie ist, dass sie die erste ist. Tatsächlich hat es bislang keine wissenschaftlich fundierte Darstellung auf dem neuesten Stand der Forschung gegeben; was sonderbar ist, auch wenn man zugesteht, dass eine eingehende Beschäftigung mit einem Massenmörder, der keinerlei Gewissensbisse kannte - "Reue ist etwas für kleine Kinder", sagte Eichmann 1957 in einem Interview -, eine sehr unangenehme Aufgabe sein kann. Der britische Historiker David Cesarani erklärt in seinem nun auf Deutsch erschienenen, im Original 2002 veröffentlichten Buch, er sehe seine Hauptaufgabe in einem "fairen" Umgang mit seinem Gegenstand und in dessen Entmythologisierung, im Aufräumen mit verbreiteten Vorurteilen.

Cesarani ist ein ausgewiesener Mann. Er leitet das Londoner Institute for Contemporary History. Bekannt wurde er mit einer Biografie von Arthur Koestler. Akribisch zeichnet der Historiker zunächst Eichmanns Werdegang in seiner Widersprüchlichkeit nach. Zutage tritt eine normale Kindheit in Solingen, wo er 1906 geboren wurde, und in Linz. Die verbreitete These von Eichmanns "unglücklicher" Kindheit wird hier infrage gestellt. Nichts deute "auf eine psychologische Störung" hin. In den ersten 20 Jahren seines Lebens finden sich keine Erklärungsansätze für die späteren Taten. Dass er sich früh Gruppierungen der extremen Rechten anschloss, war für einen jungen Mann seiner Zeit und Herkunft an sich noch nicht ungewöhnlich. Offenbar war es nicht Judenhass, sondern allgemeiner Rassismus und deutschnationale Gesinnung, die ihn früh zum Parteigänger der NSDAP und SS-Mitglied werden ließen.

Eichmanns NS-Karriere begann in der Abteilung "Gegner-Erforschung und Bekämpfung" im Reichssicherheitshauptamt, wo er zunächst mit der Unterdrückung der Freimaurer zu tun hatte. 1935 kam er in das neu geschaffene "Amt für Judenfragen", nach dem "Anschluss" Österreichs 1938 wurde er Leiter der Wiener "Zentralstelle für jüdische Auswanderung". Mit Deutschlands Angriff auf Polen 1939 war Eichmann im Gefolge des Heeres leitend für Vertreibungen und Deportationen vor allem von Juden, für "ethnische Säuberungen" zuständig. 1942 nahm Eichmann an der Wannsee-Konferenz teil, wo die "Endlösung der Judenfrage", also der Völkermord, formell beschlossen wurde. Schon seit 1941 war Eichmann persönlich verantwortlich für die Deportation von über zwei Millionen Juden in Vernichtungslager.

1946 floh Eichmann nach Argentinien, in dem Interview, das er dort einem belgischen Neonazi gab, brüstete er sich mit seinen Taten. 1960 wurde Eichmann nach Israel entführt, 1961 nach einem Prozess zum Tode verurteilt und am 1. Juni 1962 hingerichtet. Beim Verfahren in Jerusalem verteidigte sich Eichmann, dass er persönlich nie einen Mord begangen habe, dass er nur Befehlen gehorcht hätte. "Ich habe nichts Falsches getan", meinte er noch 1962. Cesarani zerpflückt auch diesen selbst geschaffenen Mythos und weist eindeutig nach, dass Eichmann viel Eigeninitiative zeigte, dass er keineswegs nur ein williger Vollstrecker der Befehle anderer war, sondern oft selbstständig handelte. Er verließ den Schreibtisch und sicherte im Chaos der Verhältnisse während des Krieges die "Effizienz" der Mordmaschine.

Cesarani beschreibt den führenden "Manager des Völkermords" als einen persönlich gefühllosen, mal umgänglichen, dann wieder zynischen Mann, der in vielem dem Ideal eines modernen Produktionsmanagers entspricht. Eichmann ist also nicht allein eine historische Figur. Der Normalmensch, der wie ein Monster handelte, spiegelt sich in den Völkermördern der Gegenwart ebenso wie er uns das Erschrecken vor eigenen, vermeintlich rein positiven Leitvorstellungen wie Ordnung, Gehorsam, Verantwortung und Effizienz lehren kann. Cesaranis Fazit: "Der Schlüssel zum Verständnis des Handelns von Adolf Eichmann liegt nicht in seiner Person, sondern in den Ideen, von denen er besessen war, in der Gesellschaft, in der sie verbreitet waren, in dem politischen System, das sie aufgriff, und in den Umständen, die sie akzeptabel machten."

 

04/2005 

Manager des Völkermords

Der britische Historiker David Cesarani entdämonisiert Adolf Eichmann

Von Michael Wildt

David Cesarani: Adolf Eichmann Bürokrat und Massenmörder. Biografie; aus dem Englischen von Klaus-Dieter Schmidt; Propyläen Verlag, Berlin 2004; 606 S., 26,– €

Unser Bild von Adolf Eichmann ist vorgeprägt: ein schmächtiger, unscheinbarer Mann mit dunkler Hornbrille in einem Glaskasten, beflissen, fast unterwürfig. Ungläubig starrte man auf diese Figur im Jerusalemer Bezirksgericht 1961: Das soll Eichmann sein?

Während der israelische Staatsanwalt Gideon Hausner den Angeklagten zum allmächtigen, vom Judenhass getriebenen Organisator der Völkermords stilisierte, sah Hannah Arendt in Eichmann ein normales Rädchen im Getriebe, die personifizierte Banalität des Bösen. Dieser Untertitel ihres Buches und die in alle Welt übertragenen Bilder aus dem Gerichtssaal passten so gut zusammen, dass der Topos die öffentliche wie wissenschaftliche Meinung über Eichmann mehrere Jahrzehnte lang bestimmte.

Vielleicht lag es an der enormen Wirkung von Arendts Buch, dass sich lange Zeit kein Historiker an die Aufgabe gewagt hat, eine Biografie Eichmanns zu schreiben. Seit jüngstem aber steigt die Bereitschaft, nachdem sich das Interesse zunehmend auf die NS-Täter konzentriert hat. Nach Irmtrud Wojaks historischem Essay über Eichmanns Memoiren erscheint nun auf Deutsch die umfangreiche Biografie des britischen Historikers David Cesarani.

Besessen von der Aufgabe, den »jüdischen Feind« zu vernichten

Wie schon Wojak distanziert sich Cesarani sowohl von Hannah Arendts These als auch von jedweder Dämonisierung. Im ersten Kapitel schildert er den jungen Eichmann als Sohn aus bürgerlicher Familie in Linz, ehrgeizig, ohne jedoch besonders aufzufallen, als Handelsvertreter der aufstrebenden Erdöl- und Benzinwirtschaft keineswegs eine verkrachte Existenz, sondern bereits so gut situiert, dass er seine SAKameraden mit Brötchen und Bier versorgen konnte. Eichmanns Antisemitismus überstieg, so Cesarani, nicht das übliche Maß, sein Eintritt in die NSDAP 1932 geschah mehr auf Drängen seines Bekannten Ernst Kaltenbrunner, der 1943 als Nachfolger Heydrichs Chef des Reichssicherheitshauptamtes und damit Eichmanns Vorgesetzter werden sollte.

Dennoch ist beachtlich, mit welcher Verve sich Eichmann auf die Politik stürzte und schon damals seinen unermüdlichen Eifer unter Beweis stellte. Als Vacuum Oil sich aus Österreich zurückzog, Eichmann im Frühjahr 1933 arbeitslos wurde und wenig später die Dollfuß-Regierung aus berechtigter Furcht vor einem Putsch die österreichische NSDAP verbot, ging Eichmann ohne Zögern nach Deutschland, um dort für die »Bewegung« zu arbeiten.

Sein Eintritt in den anfangs marginalen Sicherheitsdienst der SS erwies sich für ihn als Glücksfall, denn in der »Judenpolitik« des Regimes gewann der SD immer mehr Einfluss. Eichmann, der das Referat Zionismus leitete, galt als Spezialist, der in Wien im Frühjahr 1938 mit Eifer, Geschick und Erpressung für die »Auswanderung« der jüdischen Bevölkerung sorgte. In Wien war er kein subalterner Funktionär mehr, sondern machtbewusst, herrisch, kalt.

Als 1939 nach dem Überfall auf Polen in den annektierten Gebieten eine »völkische Flurbereinigung« stattfinden sollte, stand er wiederum bereit, um an der gewaltsamen Vertreibung von Zehntausenden Polen und Juden mitzuwirken. Und als die Pläne der NS-Führung 1941 darin kulminierten, alle europäischen Juden in den »Osten« zu deportieren, war es naheliegend, den Experten Eichmann mit der Organisation zu beauftragen. Eichmann war weder der Initiator des Holocaust noch sein Architekt, aber ein »Manager des Völkermords«, wie ihn Cesarani nennt, war er allemal. Mit großem Engagement trieb er die Deportationen voran, verhandelte mit dem Auswärtigen Amt, inspizierte vor Ort – keineswegs ein Schreibtischtäter, sondern höchst mobil, effektiv und besessen von der Aufgabe, den »jüdischen Feind« zu vernichten.

Nahezu unweigerlich verwandelt sich eine Biografie Eichmanns in eine Beschreibung seiner Tätigkeit als Organisator der »Endlösung« und gerät damit an die Grenzen ihrer Möglichkeit. Denn Cesarani muss seinen Protagonisten im Mittelpunkt der Betrachtung halten und zugleich darauf achten, nicht erneut in die Falle zu tappen, Eichmann dadurch in das Zentrum des Geschehens zu rücken. Cesarani entgeht dieser Gefahr durchaus, allerdings um den Preis, den Kontext des Vernichtungsprozesses, die Abhängigkeit Eichmanns von den Entscheidungen der NS-Führung, den Kontrast zwischen organisatorischer Wichtigkeit und konzeptioneller Bedeutungslosigkeit auszudünnen.

Erst für die Zeit nach 1945 wird die biografische Dimension des Buches wieder stärker, wenn Cesarani das Untertauchen, die Flucht und das Aufspüren Eichmanns in Argentinien schildert. Das ist auch eine dunkle Geschichte, denn an diesem Fall wird zum einen die enge Zusammenarbeit von Netzwerken alter Nationalsozialisten, Vatikan und peronistischem Regime in Argentinien in den Nachkriegsjahren deutlich, mit deren Hilfe etliche NS-Verbrecher flüchten konnten. Zum anderen offenbart sich, wie wenig Interesse in den fünfziger Jahren bestand, einen Täter wie Eichmann vor Gericht zu stellen. Es ist vor allem der Beharrlichkeit des hessischen Generalstaatsanwaltes Fritz Bauer zu verdanken, dass er schließlich im Mai 1960 von einem israelischen Kommando in Buenos Aires gefasst werden konnte.

Der Prozess 1961/62 in Jerusalem erhält bei Cesarani einen breiten Raum, während die internationale Debatte um Eichmann und insbesondere Hannah Arendts Buch abfallen. Aber dazu ist womöglich ein neues Buch nötig. Cesarani jedenfalls ist gelungen, was lange erwartet wurde: eine Biografie, die die alten Stereotypen hinter sich lässt und eine Interpretation dieser Figur im Licht der neueren Forschung vorlegt. Eichmann erscheint als ehrgeiziger und moralisch haltloser Nationalsozialist, der sich durch seine Tätigkeit immer mehr in die eigene Bedeutung und Besessenheit von seiner Aufgabe hineinsteigerte, als einer jener unbedingten Täter, die den Völkermord möglich machten. Bis zu seinem Tod in der Nacht vom 31.Mai auf den 1. Juni 1962 hat er nie bekannt, persönlich schuldig geworden zu sein.

 

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.06.2005, Nr. 131 / Seite 9

Ein Manager der Vernichtung

David Cesarani rückt Fehlurteile über Adolf Eichmann zurecht

David Cesarani: Adolf Eichmann. Bürokrat und Massenmörder. Übersetzt von Klaus-Dieter Schmidt. Propyläen Verlag, Berlin 2004. 606 Seiten, 26,- [Euro].

DANIEL KOERFER

Sein Name war 1945 nahezu unbekannt, tauchte in den Verhören von Nürnberg allenfalls am Rande auf und war fünfzehn Jahre später gänzlich vergessen: Adolf Eichmann. Erst durch seine spektakuläre Entführung aus Argentinien, den Prozeß in Jerusalem in Verbindung mit der Reportage von Hannah Arendt wurde er 1960/61 zu einer Symbolfigur des "Dritten Reiches" und des Völkermordes an den europäischen Juden - und ist das bis heute geblieben. Um so erstaunlicher, daß erst jetzt, über vierzig Jahre nach seiner Hinrichtung, eine umfassende Biographie vorliegt. David Cesarani rückt eine Reihe von Fehldeutungen zurecht: Eichmann war kein reiner Schreibtischtäter. Er war nicht ein "einfaches Rädchen" in der Maschinerie des Todes, sondern als Komplize massiv an der "Endlösung" beteiligt. Und: Er war kein reiner Technokrat der Vernichtung, sondern von handfesten antisemitischen Impulsen und Grundüberzeugungen geleitet.

Vor allem die Jugendgruppe der Jungfrontkämpfer-Vereinigung in Linz, die den "jüdischen Marxismus", den "jüdischen Bolschewismus" ablehnt, ist für Cesarani das "Transportband", das den jungen Eichmann unaufhaltsam nach rechts befördert. 1932 tritt er, gerade arbeitslos, in die NSDAP ein. Den Aufnahmeantrag auf einer Parteiveranstaltung hält ihm ein Bekannter der Familie mit den Worten vor: "Du, du gehörst zu uns" - Ernst Kaltenbrunner, der später Heydrich an die Spitze des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) nachfolgen wird. Wenige Monate später beantragt er, vermutlich gleichfalls auf Anraten Kaltenbrunners, die Aufnahme in die SS, wechselt nach einer paramilitärischen Ausbildung 1934 zum noch kleinen Parteigeheimdienst, dem SD, sortiert Karteikarten zur Freimaurerei. Hier trifft Eichmann auf weitere väterliche Leitfiguren - Gregor Schwartz-Bostunitsch, Leopold Itz Edler von Mildenstein -, die ihn mit den Grundzügen eines nicht mehr religiös motivierten "modernen" Antisemitismus, mit seinen Verschwörungstheorien wie auch mit seiner "wissenschaftlichen" Ausformung, mit Rassenlehre und Eugenik, bekannt machen, ins Referat "Judenangelegenheiten" holen, das zunächst nur über zwei Planstellen verfügt. Dort entwickelt er sich zum "Judenexperten".

Nach dem "Anschluß" Österreichs im März 1938 gelangt Eichmann als gerade beförderter SS-Obersturmführer an der Spitze der "Zentralstelle für jüdische Auswanderung" erstmals in eine Machtposition mit exekutiven Kompetenzen, diktatorischer Gewalt über Tausende von Juden, die er und sein Team durch Terror und ein serielles Verfahren rasant ausplündern und vertreiben können. Ein Karrieredurchbruch. Heydrich wird aufmerksam, läßt ihn nach dem Novemberpogrom - was Cesarani übersieht - aus Wien als "Vertreibungsexperten" zur interministeriellen Besprechung bei Hermann Göring in Berlin anreisen.

Bereits im Krieg gegen Polen brechen zivilisatorische Dämme, werden gigantische Bevölkerungsverschiebungen geplant, begonnen, verworfen - beginnen Ghettoisierung und Mord. Eichmanns Dienststelle IV D 4 im neu formierten RSHA ist an der Planung und Durchführung solcher "Juden- und Polenevakuierungen" intensiv beteiligt. Der Übergang zwischen Auswanderung und Deportation ist ein fließender. Auch der Übergang zwischen Deportation und Massenmord. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion wird im Herbst 1941 aus dem Auswanderungs- und Deportationsexperten ein "Massenmord- und Genozidexperte". Die Indizien sind erdrückend - und erschreckend. Man weiß, daß er Massenerschießungen der Einsatzgruppen und Blutfontänen beobachtet hat auf seinen zahlreichen Reisen in jenem Herbst 1941, ausgestattet mit Fahrer, Dienstwagen und unbegrenzter Benzinzuteilung. Man weiß, daß er - die SS sucht nach "effizienteren" Tötungsmethoden - bei Chelmno mobile und in Belzec stationäre "Probe"-Vergasungen beobachtete, zu Rudolf Höß nach Auschwitz fuhr, wo ein großes Vernichtungslager aufgebaut werden soll.

Daß ihn selbst all dies kurzzeitig tatsächlich aufwühlte, hält Cesarani nicht für unglaubwürdig. Aber die Selbstbeschwichtigung wirkt: Kriegslage und -notwendigkeiten, die Opfer als gefährliche "Bazillen" und "Krebszellen" entmenschlicht, nicht zuletzt die Befehle von "ganz oben", von Hitler und Himmler vor allem. Als Protokollant auf der Wannsee-Konferenz dabei, wo die Durchführung des Massenmords zwischen den beteiligten Instanzen koordiniert wurde, wird Eichmann anschließend von Heydrich und "Gestapo"-Müller - mit dem er sich ohnehin einmal in der Woche trifft, gelegentlich Schach spielt - zu Cognac und Zigarre eingeladen und ist erleichtert: Er wird weiterhin gebraucht, obwohl es nicht mehr um sein Spezialgebiet Auswanderung/Vertreibung geht - seit Oktober 1941 gilt ein Ausreiseverbot für europäische Juden, ist die tödliche Falle zugeschnappt -, sondern um Vernichtung. Dazu Cesarani: "Und so machte sich Eichmann mit all seinen Managerfertigkeiten an seine neue Aufgabe. Die Deportation von Menschen in den Tod wurde mit der gleichen problemorientierten Unternehmensmentalität arrangiert, wie er früher den Transport von Benzin zu Tankstellen organisiert hätte . . . Er wurde zum Völkermord herangebildet und entschied sich dafür, das Gelernte in die Tat umzusetzen."

Eichmann, mittlerweile SS-Obersturmbannführer, entwickelte sich zum mehr als willigen, zum fanatischen Vollstrecker der "Endlösung", kontrollierte, systematisierte, dirigierte alle Etappen eines Leidenswegs von Millionen bis zu den Lagertoren, intervenierte immer wieder, um von Saloniki bis zur Slowakei Ausnahmen von der Deportation in die Vernichtung durch Gas oder Zwangsarbeit zu verhindern. Die 2000 Züge der Reichsbahn in die Todeslager ordert sein Referat. Die Bestellungen für das tödliche Zyklon B, die "Lieferung" von Skeletten und Schädeln bolschewistischer Kommissare an NS-Rassenforscher gehen über Eichmanns Schreibtisch. Die Verwendung der Haare der Opfer wird in seinen Akten geregelt. Die Statistik über die Todeszahlen hängt im Büro seines Stellvertreters, die mit Eichmanns Hilfe durch den Statistiker Richard Korherr abgefaßte "Bilanz der Vernichtung" wird auf einer Schreibmaschine mit extra großen Lettern getippt - damit auch Hitler sie lesen kann.

Überdies wurde Eichmann noch unmittelbar zum Täter, als er 1944 in Ungarn ein eigenes mörderisches Sonderkommando leitete, dabei - von ungarischer Seite unterstützt - "buchstäblich selbst vierhunderttausend Juden in Eisenbahnwaggons zur Deportation stieß", am Ende beharrlich Todesmärsche organisierte, mit Rückendeckung von Heinrich Müller und Kaltenbrunner sogar gegen Himmler opponierte, der ihn angesichts der herannahenden Niederlage plötzlich zum "Judenpfleger" machen wollte. Eichmann, der sich bis zum Schluß nicht von Rassenhaß und Rassenwahn zu lösen vermochte, blieb ein überzeugter Nationalsozialist, war tief in den Völkermord verstrickt, war ein "genocidaire", wie man heute in Frankreich sagt. Daß er gehängt und seine Asche am 1. Juni 1961 ins Meer gestreut wurde - es war das einzig mögliche Ende angesichts jener Millionen von Opfern, denen ihre Mörder selbst nicht einmal ein Grab zugestanden hatten.

The Everyman of Genocide

By Barry Gewen The New York Times

FRIDAY, MAY 14, 2006

Becoming Eichmann
Rethinking the Life, Crimes, and Trial of a "Desk Murderer"
By David Cesarani
458 pages. $27.50. Da Capo Press.

A specter haunts this book, and her name is Hannah Arendt. At his trial in Jerusalem in 1961, Adolf Eichmann was portrayed by the prosecution as a gleefully genocidal monster intent on eliminating every Jew from the face of the earth.

This picture was consistent with the common view of Nazis at the time: They were the embodiment of evil, the point at which reality merged with melodrama and kitsch. But Arendt saw something else. Eichmann, responsible for transporting millions of Jews to the death camps, was essentially a bureaucrat, with little more on his mind than pleasing his superiors. He was neither fanatical nor bloodthirsty, in fact had never directly killed anyone. He made trains run on time. Yet he was indisputably a mass murderer, and in the articles she wrote for The New Yorker, as well as in "Eichmann in Jerusalem," the book that followed, Arendt introduced a phrase to describe him that has become part of the modern vocabulary - "the banality of evil."

"Anyone writing on the subject today works in the shadow of Hannah Arendt," David Cesarani observes in "Becoming Eichmann," the first full biography to appear since the 1960s. It is thoroughly researched, densely factual; there may never be need for another biography of the man.

Cesarani, a British scholar specializing in Jewish history, can be a plodder - turf battles among the Nazis are like turf battles anywhere else - but his accounts of Eichmann's early years, of his escape to Argentina and eventual capture are richly informative.

Cesarani believes his details add up to a portrait at odds with Arendt's banal bureaucrat, but what is striking is how far his research goes to reinforce her fundamental arguments. No issue is more important to understanding Eichmann than the nature of his anti-Semitism, and Cesarani is quite good on the context of Eichmann's anti-Jewish upbringing. He was raised in northern Austria, in a conventional middle-class household where conventionality included at least a casual anti- Semitism. But describing a gentile Austrian in the 1920s as an anti-Semite is like describing a white Mississippian in the 1920s as a racist; it tells us nothing about an individual.

In Austria, Eichmann had Jewish friends, was employed by Jews as an oil and kerosene salesman, had Jewish relatives by marriage. In 1932 he became a Nazi not out of anti-Jewish conviction but, Arendt says, because he was a joiner. Cesarani stresses issues and personal connections more: Eichmann liked the Nazis' position on the Versailles Treaty. But he shares Arendt's opinion that it wasn't anti- Semitism that led Eichmann into the party.

Both Arendt and Cesarani point to hard work and happenstance as the factors that propelled Eichmann's career forward. His job at first was to round up Jews and force them to leave the Reich, a task he undertook with his customary diligence as well as a repulsive brutality, yet not with any particular ideological fervor. The turning point came after 1941, when forced emigration gave way to genocide. Under the pressure of his new duties, Eichmann changed.

Arendt depicts the change as a loss of whatever conscience he may have had, especially when he saw his superiors accepting and implementing the Final Solution.

Cesarani presents a more committed Eichmann, who was no longer simply carrying out orders but had adopted eliminationist anti-Semitism as his own.

Trying to sort out the difference between Arendt and Cesarani on this point plunges us into the hopeless murk of human psychology. But the larger truth is that Arendt and Cesarani both disagree with the Israeli prosecution: rabid anti-Semitism wasn't the motivating force throughout Eichmann's years as a Nazi. He had to become Eichmann.

Neither are Arendt and Cesarani far apart in the conclusions they draw. One of Arendt's achievements was to tear down the wall that separated the Nazis from everyone else.

Eichmann's ordinariness proved that normality was no protection against the commission of terrible crimes. "It would have been very comforting indeed to believe that Eichmann was a monster," she writes; melodrama, after all, with its white hats and black hats, is a form of absolution. But she will have none of that. She points an accusing finger at us all. So does Cesarani.

Under the right circumstances, normal people will commit mass murder, he says, and the circumstances of our age - with its racism, ethnic cleansing, suicide bombers and genocidal killings - are ominous. "Eichmann appears more and more like a man of our time," are his concluding words. "Everyman as génocidaire."

But if Cesarani is so close to Arendt, why is he so hostile to her? Her judgments were "wayward," he says. Her depiction of Eichmann was "self-serving, prejudiced and ultimately wrong." Arendt could be infuriatingly arrogant, and to impugn her objectivity, Cesarani cites disparaging comments she made about East European Jews in private letters. He goes further: "She had much in common with Eichmann. There were two people in the courtroom who looked up to the German-born judges as the best of Germany and looked down on the prosecutor as a miserable Ostjude: one was Eichmann and the other was Hannah Arendt."

This slur reveals a writer in control neither of his material nor of himself. Arendt did look down on the prosecutor, Gideon Hausner. She disapproved of his handling of the case. And Cesarani? He finds Hausner's conduct "bullying and aimless," "erratic," "half-baked," "a shambles." Maybe he doesn't like Ostjuden either.

There's an easy explanation for Cesarani's hostility. He is writing in the shadow of one of the great books of the last half-century, and has to tear Arendt down to make space for himself. Still, more seems at stake here than a competition between scholars. Arendt's approach was unyieldingly universalistic. Her analysis of Eichmann was a demand for individual responsibility, an insistence on the need constantly to exercise personal choice, whatever society might dictate. This is a cold ethic, as severe as Kant's, so difficult it has a quality of the inhuman about it. For who among us can maintain the unceasing moral awareness she calls for?

And indeed, there is something inhuman in the passages of "Eichmann in Jerusalem" that have drawn the most criticism - the attack on the Jewish leaders who cooperated with the Nazis. For Arendt, the leaders embodied the general "moral collapse" of those years. She refused to grant Jews any special status, even as victims, rejecting what she called the "absurd assertion of a kind of collective innocence of the Jewish people." The Holocaust, she insisted, was "a crime against humanity, perpetrated upon the body of the Jewish people." The great historian Gershom Scholem, reproaching Arendt for this austere universalism, accused her of lacking "Ahabath Israel: Love of the Jewish people."

Cesarani, though he doesn't say so explicitly, obviously sides with Scholem. He writes that Eichmann's "disdain for Jews found more than an echo" in Arendt. But he mistakes impartiality for hostility. One doesn't have to love the victims of genocide to hate the perpetrators.

A fairer criticism is that Arendt ignored the particularity of the Holocaust, its central place in Jewish history and psychology. Her thought tended to move from individuality to universality without passing through the communal, lived world that provides most people with their sense of identity. Such radicalism is what gives her writing its power, but also what makes it so troubling.

In her response to Scholem, she wrote: "I have never in my life 'loved' any people or collective - neither the German people, nor the French, nor the American, nor the working class or anything of that sort. I indeed love 'only' my friends and the only kind of love I know of and believe in is the love of persons." This is a statement that manages to be warm and chilling at the same time.

Barry Gewen is an editor at The New York Times Book Review.

 

What We Know, and Don't, About Eichmann
By Mindy Aloff
June 23, 2006

Becoming Eichmann: Rethinking the Life, Crimes, And Trial of a 'Desk Murderer'
By David Cesarani
Da Capo Press, 464 pages, $27.50.

Most of what we know — or think we know — about Adolf Eichmann, a notorious Nazi functionary, may be wrong. Or so readers will surmise from "Becoming Eichmann," David Cesarani's monumental biography of the man who made the trains run to Auschwitz and, through other enthusiastic bureaucratic decisions and initiatives, effected the deaths of millions. The book arrives wreathed in appreciative notices for its exhaustive, Javert-like research — much of it incorporating sources unavailable until the 1990s — and for its overturning of long-held presumptions concerning Eichmann's antisemitism, intelligence and motivations for his deeds.

Cesarani, an English historian known for his work on Anglo-Jewish history and on the history of Zionism, has in recent years turned his attention to the Holocaust — both in his research and in public statements concerning Holocaust-denier David Irving. (Calling for legal limits on free speech in Britain, similar to those in Austria that sent Irving to jail, Cesarani is quoted as saying that free speech is "a relic of 18th-century liberalism.") In his new book, Cesarani sets his sights on a second target: Hannah Arendt, whose explosively controversial reports on the 1961 trial of Eichmann in Jerusalem for The New Yorker were collected into her landmark volume, "Eichmann in Jerusalem: A Report on the Banality of Evil" (The Viking Press, 1963) The book's imperious tone, harsh assessments of some of the Holocaust's victims and counter-intuitive conclusions — such as the idea that Eichmann was a "normal" man who, for various reasons related to his time, place and situation, committed monstrous acts, albeit at a remove from his victims — continue to attract readers and to trouble many of them, especially in the United States.

Ninety percent of "Becoming Eichmann" reads like a legal brief (which, given that Cesarani is essentially retrying Eichmann, is apt, if not a reason to read it). The final 10% comprises an account of Eichmann's execution ("Eichmann had died with as much dignity as a hanging allows") and the cremation of his remains, as well as a chapter called "After Eichmann," which retraces the intellectual battles that ensued — not over Eichmann's trial and sentence but rather over Arendt's book (in particular, Arendt's assertions that Eichmann wasn't especially antisemitic and also that some people in the Jewish councils with whom he worked to establish a semblance of "order" in the ghettos and on the train platforms were, themselves, guilty of complicity with the Nazis in their efforts to save their own lives, when they were not self-aggrandizingly issuing currency with their pictures on it). Along the way, Cesarani dismantles the notorious experiments in "following orders" that were conducted at Yale University in the 1960s by Stanley Milgram. "After Eichmann" also rounds up the leading novels and movies that Cesarani feels constitute the cultural legacy of the trial and the controversy over Arendt's perspective.

Despite its peerless scholarship concerning its central subject, the author's obsession with legalistic detail at the expense of narrative momentum or analytic insight means that it is not a book that will be widely read, at least not from cover to cover. Cesarani is clearly addressing a highly selective readership of historians and historiographers, as well as segments of the general population who can remember closely following the Eichmann trial, which the author essentially re-reports on something that approaches a day-by-day basis — always with one eye toward correcting Arendt's mistakes, her "baggage" of prejudices as a German Jew with a privileged prewar university education and what he strongly suggests are her lazy analytic conclusions, owing to her light attendance during the nearly nine months it took for the trial's 121 sessions to transpire. Indeed, there are passages where it is difficult to tell whether Eichmann or Arendt is in the prisoner's dock.

The biography rises to a justifying "conclusion" in which the author forcefully presses home his own point that to understand Eichmann — or, indeed, any contemporary "everyman as génocidaire"— one should look not to the individual, as Arendt did, but rather to "the ideas that possessed him, the society in which they flowed freely, the political system that purveyed them, and the circumstances that made them acceptable. What Eichmann did was made possible by the dehumanization of the Jews, the construction of the Jewish people as an abstract racial-biological threat and a political enemy, and the disabling of inhibitions against killing. Anyone subject to these processes might have behaved in the same way, be it in a totalitarian state or a democracy."

Although this may sound like Arendt's position, it is actually the opposite, as Cesarani insists. "The génocidaire has become a common feature of humanity and to that extent Eichmann is typical rather than aberrant," he writes. "This is not the same as saying that 'we are all potential Eichmanns'; rather, that the matrices which generate the perpetrators of atrocity and genocide have multiplied. In these circumstances normal people can and do commit mass murder or engineer it." In other words, when the conditions are right, mass murderers will emerge — a behavioral view, it would seem.

Although one cannot take exception to this thesis, per se, it still does not explain why, as Arendt observed, some normal people subjected to such conditions do not become mass murderers: That is, it does not account for the element of personal responsibility for one's decisions, nor for individual culpability. More painful for a Jewish reader to say, it also does not address Arendt's charges of complicity, self-aggrandizement and even cruelty against specific individual leaders of various Jewish communities. Nor does it begin to grapple with Arendt's observations that some of those leaders who survived went on to become prominent figures in Israeli society, just as many of the Nazis went on to become governmental figures in postwar Germany. Nor does Cesarani refute Arendt's suggestion that, at the time of Eichmann's trial, neither the Israeli nor the German government wished to return to the past too intensively to examine the backgrounds of such figures, since the two countries were mutually engaged by the fact that Germany was paying millions in reparations to Israel at the time. He seems to bypass altogether her level of political analysis, an analysis that embarrasses all parties equally. For both books, the history of modern Israel is the elephant in the room, but only Arendt outspokenly acknowledges it as such.

This may madden Cesarani, but his "Becoming Eichmann" seems best as a companion volume to Arendt's "Eichmann in Jerusalem." Both authors attempt to help us recognize mass murderers, or Cesarani's génocidaires, before they get started, or to help us to see the potential for mass murder in ourselves; and they offer very different methods for arriving at the vision. Arendt's technique is to prompt questions and debate; Cesarani's is to nail down the evidence so that it cannot be disputed. Without the first, we're in a totalitarian society; without the second, we're in chaos. The world needs both.