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Auschwitz

השואה

 

04/2005 

Auschwitz im Harz

Als die Rote Armee Auschwitz erreicht, sind die meisten Häftlinge schon »evakuiert« – weiterverschleppt in andere Lager. Vor allem Mittelbau-Dora bei Nordhausen wird für viele zur zweiten Hölle

Von Jens-Christian Wagner

Ein sonderbares Datum, dieser 27. Januar. Der damalige Bundespräsident Roman Herzog ist es gewesen, der ihn 1996 zum landesweiten Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus proklamiert hat – der Tag, an dem 1945 das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz südöstlich von Kattowitz durch die Roten Armee befreit worden war.Bis Ende März 1945 wurden in Dora Raketen gebaut (das Bild zeigt einen Stolleneingang, 1944)Foto: Hanns Hubmann/bpk Berlin BILD

Der Name des KZs steht seit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963 bis 1965 nicht nur für den Mord an den europäischen Juden, sondern für die NS-Verbrechen schlechthin. Weit über eine Million Menschen aus Deutschland und allen von der Wehrmacht besetzten Ländern Europas starben hier in den Gaskammern, durch Zwangsarbeit oder wurden auf andere Weise umgebracht: Juden, Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene und viele andere Häftlinge.

Doch war der 27. Januar 1945 wirklich der Tag der Befreiung? Zwar hatte der zügige Vormarsch der Roten Armee das Morden im Auschwitzer Lagerkomplex beendet, befreien aber konnten die sowjetischen Soldaten nur noch wenig mehr als 8.000 Menschen. Die anderen Häftlinge waren kurz zuvor auf Transporte und Todesmärsche in Richtung Westen geschickt worden. Sie blieben in der Hand ihrer Peiniger.

Das Quälen und Morden fand jetzt nicht mehr in der Ferne, »im Osten«, statt, sondern mitten im Herzen jenes Landes, von dem der Terror und das Verbrechen 1933 ihren Ausgang genommen hatten. Die Tat kehrte dorthin zurück, woher sie gekommen war: in das Zentrum der deutschen Gesellschaft.

Die Räumung des Lagers hatte sich in zwei Etappen vollzogen. Über 60.000 Häftlinge waren bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 als Zwangsarbeiter für die Rüstungsindustrie ins Reich deportiert worden, die meisten von ihnen nach Buchenwald bei Weimar, Flossenbürg bei Weiden in der Oberpfalz und Mittelbau-Dora bei Nordhausen am Harz. Zwischen dem 17. und dem 21. Januar 1945 folgte die zweite Welle der »Evakuierung«, wie die SS die Räumungstransporte und Todesmärsche nannte. 58.000 Häftlinge trieb man in aller Hast zu Fuß über die Straßen, bei Eis und Schnee, ohne Proviant und meist ohne Pausen. Wer nicht mithalten konnte, wurde von den Wachen erschossen. An den Morden beteiligten sich bisweilen auch Teile der ortsansässigen deutschen Bevölkerung, die sich auf der Flucht befand.

Wahrscheinlich starb jeder Vierte, der von der SS zum Abmarsch gezwungen worden war. Ein Teil der Häftlinge wurde im Verlauf der »Evakuierung« in Viehwaggons verladen und ins Reichsinnere verbracht. Andere mussten sich zu Fuß bis nach Niederschlesien in das KZ Groß-Rosen schleppen.

Doch angesichts der herannahenden sowjetischen Truppen wurde auch dieses Lager kurz darauf geräumt; die SS transportierte die Insassen in Waggons Richtung Westen. Die meisten von ihnen, darunter auch viele der erst kurz zuvor aus Auschwitz Deportierten, gelangten nun ebenfalls nach Buchenwald und Flossenbürg, vor allem aber in das KZ Mittelbau-Dora.

Das Lager Dora war erst im Spätsommer 1943 gegründet worden, zunächst als Außenlager des KZs Buchenwald. Bekannt geworden ist es vor allem durch die Produktion der so genannten Vergeltungswaffen, der Flügelbomben und Raketen V1 und V2, die von Häftlingen in unterirdischen Anlagen montiert wurden. Im Oktober 1944 zum selbstständigen Konzentrationslager Mittelbau erhoben, bestand der Komplex im Frühjahr 1945 aus einem dichten Netz von rund vierzig Einzellagern, das sich über den gesamten Harz erstreckte.

Anfang 1945 schufteten hier rund 35.000 Häftlinge; jetzt kamen – direkt aus Auschwitz und wenig später aus Groß-Rosen – weitere 15.000 Menschen dazu. Sie waren, nach den endlosen Märschen, nach Tagen in eiskalten Waggons ohne jede Verpflegung, in einem erbärmlichen Zustand. Als bei der Ankunft der ersten Züge Ende Januar auf der Bahnhofsrampe des Hauptlagers Dora und auf dem Bahnhof in Nordhausen die Türen geöffnet wurden, befanden sich in manchen Waggons nur noch steif gefrorene tote und sterbende Menschen.

Bei den Insassen von Dora und den anderen Mittelbau-Lagern muss der Anblick blankes Entsetzen hervorgerufen haben. In kaum einem Erinnerungsbericht fehlen Passagen zur Ankunft der Transporte aus Auschwitz. Der Grieche Anton Luzidis, der gezwungen worden war, die Toten und Sterbenden zu »entladen«, berichtete nach seiner Befreiung im Mai 1945: »Diese Tage waren für mich die schrecklichsten in meinem Leben, und ich werde sie nicht vergessen. […] Wenn wir die Toten anfassten, so blieben uns öfter Arme, Beine oder Köpfe in den Händen, da die Leichen gefroren waren.«

Mindestens 464 der Auschwitz-Häftlinge waren nach erhalten gebliebenen Unterlagen der SS bei ihrer Ankunft bereits gestorben. Wie viele Menschen tatsächlich tot aus den Waggons geborgen wurden oder kurz nach der Ankunft in Dora (oder in der Nordhäuser Boelcke-Kaserne, in der die SS das zentrale Siechen- und Sterbelager von Mittelbau eingerichtet hatte) umgekommen sind, lässt sich nicht mehr feststellen. Jedenfalls reichten die Kapazitäten des eigenen Krematoriums bei weitem nicht aus, um sämtliche Tote einzuäschern. Die SS ließ daher Scheiterhaufen aus Bahnschwellen und Dachpappe errichten, auf denen in mehreren Schichten Dutzende von Leichen verbrannt wurden. Tagelang sollen die Feuer gelodert haben, berichteten später Anwohner und überlebende Häftlinge. In der klaren Winterluft war der Rauch weithin zu sehen.

»War Auschwitz die heiße Hölle gewesen, so war Dora die kalte Hölle«, schrieb der langjährige Vorsitzende des internationalen Auschwitz-Komitees Hans Frankenthal kurz vor seinem Tod im Jahr 1999. Er gehört, wie übrigens auch der Schriftsteller Jean Améry, der spätere Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland Heinz Galinski und die spätere Präsidentin des Europäischen Parlamentes Simone Veil, zu denen, die beide Höllen überlebt haben.

Tatsächlich kann Mittelbau als Fortsetzung von Auschwitz gelten, und das nicht nur wegen der Aufnahme mehrerer tausend Häftlinge aus dem geräumten KZ und der Einrichtung einer »Abwicklungsstelle KL Auschwitz« in Mittelbau. Zeitgleich mit den »Evakuierten« trafen nämlich auch mehrere hundert SS-Angehörige aus Auschwitz ein, darunter der gesamte Kommandanturstab unter SS-Obersturmbannführer Richard Baer, der Kommandant des Auschwitzer Stammlagers gewesen war und am 1.Februar zum neuen (und letzten) Kommandanten des Harzer Lagers ernannt wurde.

Eine seiner ersten Amtshandlungen in Mittelbau bestand darin, dass er fast alle wichtigen Posten im Lager durch Auschwitzer SS besetzte. So übernahm der bisherige Auschwitzer Schutzhaftlagerführer Franz Hößler die Leitung des Häftlingslagers Dora. Neuer Standortarzt wurde Eduard Wirths, der diesen Posten in Auschwitz schon seit 1942 bekleidet hatte und damit Vorgesetzter von Josef Mengele und anderen berüchtigten SS-Ärzten gewesen war. Auch die wichtige Arbeitseinsatz-Dienststelle, welche die Zwangsarbeit koordinierte, wurde durch bewährtes SS-Personal übernommen: Neuer Arbeitseinsatzführer wurde Obersturmführer Maximilian Sell, der eine Reihe weiterer SS-Angehöriger aus dem Arbeitseinsatzbüro in Auschwitz mitbrachte. Schließlich wurde auch die Leitung der als »Politische Abteilung« bezeichneten Lagerdependance der Gestapo mit einem alten Auschwitzer besetzt: Hans Schurz hatte bereits dort diese Abteilung geleitet.

Die neue Führung trug wesentlich zur Verschärfung des Terrors bei. Im Februar und März 1945 wurden an einigen Tagen über 30, einmal sogar über 50 Häftlinge gleichzeitig erhängt. In den meisten Fällen waren die Opfer sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, denen SS und Gestapo Sabotage in der Raketenproduktion vorwarfen. Bei nahezu jeder dieser Exekutionen zwang man alle Häftlinge dazu, sich das grausame Schauspiel anzusehen.

Auch fanden die Massenhinrichtungen in mehreren Fällen nicht auf dem Appellplatz statt, sondern in den Stollen des Mittelwerkes, in dem die Raketen montiert wurden. Hier mussten neben den Häftlingen die Zivilbeschäftigten antreten. Vor aller Augen legte man dann den Todeskandidaten die Stricke um den Hals. Sie waren an einem Holzbalken befestigt; ein Kran zog sie allmählich in die Höhe. Die Opfer wurden langsam stranguliert.

Gewalt und Terror gehörten in allen Lagern zwar von Anfang an zur Tagesordnung. In den wahllosen Massenexekutionen der letzten Wochen entlud sich jedoch bereits die verzweifelte Wut von SS und Gestapo über die auch für den letzten Fanatiker abzusehende Niederlage. »Die Offensive [der Alliierten] ist geglückt. Die Raserei unserer Henker ist der Beweis«, notierte 1945 der belgische Häftling Edgar van de Casteele.

Zugleich dienten die Hinrichtungen der SS ein letztes Mal der trotzigen Selbstvergewisserung. Jeder konnte und sollte sehen, dass der Macht des Regimes und seiner Männer keine Grenze gesetzt war. Sie versuchten so, vielleicht mehr sich selbst als ihren Opfern, zu zeigen, dass sie nach wie vor über die Mittel verfügten, auf denen ihre Herrschaft basierte: Schrecken und Gewalt.

Von Januar bis April 1945 starben durch Terror, Erschöpfung und Krankheiten 6.000 Häftlinge in den Mittelbau-Lagern. Im selben Zeitraum wurden in den Stollen mindestens 1.700 V2-Raketen und über 6.000 V1-Flügelbomben montiert, Terrorwaffen, denen in London und Antwerpen noch Tausende zum Opfer fielen. Der Beschuss der flämischen Metropole endete erst in den letzten Märztagen.

Als sich die Amerikaner Anfang April von Westen her dem Harz näherten, gab die SS den Befehl zur Räumung. Es wiederholte sich nun, was die Häftlinge aus Auschwitz und Groß-Rosen bereits im Januar und Februar 1945 hatten erleiden müssen: In aller Eile und mit großer Brutalität trieben die Wachmannschaften die Lagerinsassen in herbeigeschaffte Güter- und Viehwaggons. Mehrere mit Tausenden von Menschen beladene Züge verließen bis zum 6. April den Südharz in Richtung Bergen-Belsen bei Celle, Sachsenhausen nördlich von Berlin und Ravensbrück an der Havel.

Außerdem schleppten sich viele Kolonnen erschöpfter Häftlinge, angetrieben von den Wachmannschaften, zu Fuß durch den Harz in Richtung Nordosten. Dabei kam es, insbesondere in der Gegend nördlich von Magdeburg, wiederholt zu Massakern an Häftlingen, deren Todesmärsche in der Gegend »gestrandet« waren. Den brutalsten Massenmord begingen SS-Angehörige, Wehrmachtsoldaten sowie Angehörige von Volkssturm und Hitlerjugend am 13. April bei Gardelegen, wenige Stunden vor dem Eintreffen der amerikanischen Armee. In der Isenschnibber Feldscheune verbrannten sie über tausend Häftlinge aus Mittelbau und hannoverschen Außenlagern des KZs Neuengamme bei lebendigem Leibe.

Mehr als die Hälfte der »Evakuierten«, darunter natürlich auch Tausende Häftlinge, die zuvor aus Auschwitz und Groß-Rosen in den Harz verschleppt worden waren, gelangte nach Bergen-Belsen. Wegen Überfüllung des Lagers wurden die Menschen jedoch nicht im eigentlichen KZ untergebracht, sondern im »Kasernenlager«, das bis zu seiner Befreiung durch die Briten am 15./16. April ausschließlich mit Mittelbau-Häftlingen belegt war und somit als örtlich verlagertes KZ Mittelbau gelten kann. SS-Obersturmführer Franz Hößler, Schutzhaftlagerführer des Hauptlagers Dora, wurde wenige Tage vor der Befreiung des KZs Bergen-Belsen noch zu dessen Kommandanten ernannt.

Die Engländer verurteilten ihn im November 1945 zum Tode; wenig später wurde das Urteil vollstreckt. Hößlers Vorgesetzter in Auschwitz und Mittelbau Richard Baer konnte nach Kriegsende zunächst unter falschem Namen untertauchen und wurde erst Ende 1960 nahe Hamburg verhaftet. Als einer der Hauptangeklagten für den Frankfurter Auschwitz-Prozess vorgesehen, starb er 1963 in der Untersuchungshaft.

Das fast zweijährige Verfahren in Frankfurt führte das Ausmaß der Verbrechen in Auschwitz der (west)deutschen Bevölkerung nachdrücklich vor Augen. Die große öffentliche Aufmerksamkeit, die dem Prozess national wie international zuteil wurde, hat wesentlich dazu beigetragen, dass Auschwitz zu dem Symbol nationalsozialistischer Verbrechen geworden ist.

Dabei entstand jedoch zugleich eine eigentümliche »Atmosphäre der Distanz«. Zum einen evoziert der Topos Auschwitz stets das Bild der »Todesfabrik«, in der gewissermaßen automatisch, täterlos gemordet wurde. Tatsächlich aber starb der größte Teil aller NS-Opfer nicht in den Gaskammern von Auschwitz oder Treblinka, sondern an Gräben und Grubenrändern, in Hinrichtungsbaracken und auf freiem Feld – gehängt, erschlagen, erschossen von Tätern, die ihnen von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.

Zum Zweiten, und dafür ist Mittelbau exemplarisch, fand das große Morden nicht nur »im Osten«, an der Peripherie des NS-Reiches statt, sondern auch in seinem Zentrum, mitten in Deutschland, vor aller Augen – und das nicht erst nach der Räumung der Lager im Osten, sondern schon lange davor. Seit 1942/43 wurden, unter der Regie von Rüstungschef Albert Speer, immer mehr KZ-Außenlager in der Nähe von Industriebetrieben eingerichtet. Im letzten Kriegsjahr war Deutschland von einem dichten Netz solcher Lager überzogen, deren Insassen Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie leisten mussten.

Zur topografischen Entgrenzung des KZ-Systems kam die gesellschaftliche: Immer mehr Menschen verschwanden unter ständig neuen Vorwänden in den Lagern, und auch das Rekrutierungsfeld der Täter wurde sukzessive ausgeweitet. Etwa zwei Drittel der Wachmannschaften in Mittelbau stammten nicht aus den Reihen der SS, sondern waren Luftwaffensoldaten. Auch Polizeieinheiten und Zivilangestellte von Rüstungsfirmen wurden zur Bewachung herangezogen. Am Ende hatte das KZ-System des »Dritten Reiches« fast jeden erreicht: entweder als Opfer, als (Mit-)Täter oder als Zuschauer.

Nach dem Krieg wollte die deutsche Gesellschaft davon nichts wissen. Man lokalisierte die Verbrechen – sofern man überhaupt darüber sprach – »im Osten«, und der Täterkreis wurde auf »die SS« eingegrenzt. Vielleicht hatte die Rede von »den Verbrechen im Osten«, die sich seit den sechziger Jahren im Symbol Auschwitz verdichtete, jedoch nicht nur eine exkulpatorische Funktion, sondern bot die einzige Möglichkeit für die Zeitzeugengeneration, sich den Verbrechen überhaupt zu stellen.

60 Jahre nach Kriegsende allerdings ist es an der Zeit, der Forschung Rechnung zu tragen. Und dazu gehört auch die Einsicht, dass am 27. Januar 1945 Auschwitz zwar befreit wurde, für die meisten Häftlinge Auschwitz jedoch weiterging – Hunderte Kilometer westlich, mitten in Deutschland.

Der Autor ist Historiker und Leiter der Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Nordhausen

 

Artikel erschienen am Sa, 22. Januar 2005

Das lange Gedächtnis

Am 27. Januar jährt sich zum 60. Mal die Befreiung von Auschwitz. Der französische Schriftsteller Marek Halter erinnert auf der zentralen Gedenkfeier im ehemaligen KZ an die Gerechten und die Toten

von Marek Halter

Auschwitz ist mir erspart geblieben. Ebenso Maidanek, Treblinka und die anderen Vernichtungslager der Nazis. Ich erinnere mich nur an die zu Skeletten abgemagerten Kinder mit vom Hunger aufgequollenen Bäuchen, die sterbend in den Gossen des Warschauer Ghettos lagen. Auschwitz habe ich erst viel später entdeckt, nach dem Krieg. Wir fuhren mit meinen Eltern dorthin, so wie man an das Grab eines nahen Angehörigen tritt, das Herz nah an der Lippe. Im Lager herrschte große Betriebsamkeit: Männer putzten die verlassenen Baracken, schütteten die Massengräber zu, holten die Asche aus den Verbrennungsöfen heraus und säuberten die Gaskammern. Aber was mich damals am meisten frappiert hat und was mir in der Erinnerung noch heute grausam gegenwärtig ist, das waren drei Berge am Eingang des Lagers. Drei Berge, die höher waren als der Himalaja und furchtbarer als der Vesuv mit seinen Hängen voll glühender Lava. Der erste bestand aus Hunderttausenden von Brillen. Der zweite wurde von Millionen Kinderschuhen gebildet. Und den dritten Berg hatte man aus menschlichem Haar aufgetürmt. Sieben Tonnen, so hieß es. Die Erinnerung an diese drei riesigen Haufen aus Überbleibseln von Millionen Leben läßt mich noch heute, 60 Jahre danach, vor Scham und Wut zittern.

60 Jahre: "Am 27. Januar 1945", erzählt Primo Levi, "tauchten am Eingang des Lagers vier junge sowjetische Soldaten zu Pferde auf." Sie waren sichtlich überrascht, in einem Nebel aus Schnee dieses unendliche weiße Feld zu entdecken, das von schwarzen Schornsteinen beherrscht wurde und von Stacheldraht umgeben war, hinter dem sich in erdrückender Stille lebende Skelette bewegten. Zu diesem Zeitpunkt waren in Auschwitz 7000 entkräftete und dem Tode nahe Menschen verblieben, darunter viele Kinder. Vor allem die Zwillinge, die dem Doktor Mabuse der Nazis, dem berüchtigten Doktor Mengele bei seinen Menschenversuchen als Versuchskaninchen dienen sollten. Bestürzt von dieser entsetzlichen Entdeckung flohen die vier Soldaten und benachrichtigten ihre Vorgesetzten. Durch Zufall also entdeckte die LX. Armee der Ersten Ukrainischen Front, die unter Befehl von General Konew nach Schlesien und von da weiter auf Berlin vorstoßen sollte, das Lager Auschwitz, das zum Symbol der Vernichtung des europäischen Judentums wurde. General Vassilij Petrenko, der letzte noch lebende General von jenen, die Auschwitz befreit haben, hat mir gegenüber zugegeben, daß er erst zu jenem Zeitpunkt vom Schicksal der Juden unter der Nazi-Besatzung erfahren hat.

Es dauerte bis 1991 und nach dem Ende des Kommunismus, ehe das Wort "Jude" auf dem Gedenkstein des größten Friedhofs der Welt auftauchte. Bis dahin hatte die Inschrift in 19 Sprachen (außer in Jiddisch und Hebräisch) gelautet: "Zwischen 1940 und 1945 wurden hier vier Millionen Männer, Frauen und Kinder von den Hitlerfaschisten gefoltert und ermordet." Warum wurde die Identität der meisten Toten von Auschwitz verheimlicht? Wagte Europa nicht zuzugeben, daß es einen Teil seiner Bevölkerung hatte deportieren lassen, weil es Juden waren?

Aber kaum ist die Shoah von allen oder fast allen anerkannt, kaum hat man in den Schulbüchern vieler Länder geschrieben, daß ein Drittel des jüdischen Volkes von den Nazis und ihren Verbündeten vernichtet wurden, schon findet das Gedenken an den Völkermord Widerspruch. Als ob die Erinnerung an dieses Ereignis das Gedenken an andere Massaker und andere Verfolgungen stört. Weil es sich um Juden handelt oder weil dieser Völkermord einzigartig ist? Einzigartig, weil von einer Minderheit beabsichtigt und methodisch geplant, und von der Mehrheit eines Volkes mit der Komplizenschaft benachbarter Völker und mit modernster Technologie durchgeführt.

Daher auch die besondere Feierlichkeit des 60. Jahrestages der Befreiung des Lagers Auschwitz. Am 27. Januar werden sich zum ersten Mal 25 Staatschefs an diesem fluchbeladenen Ort versammeln, der 1 500 000 Lichter erlöschen sah, 1 500 000 Leben, davon 1 100 000 Juden und sehr viele Zigeuner.

Plötzlich bekomme ich Angst: Und wenn es zum letzten Mal wäre? Und wenn es das Ende des Gedenkens markieren würde? Wenn es den unvermeidlichen Übergang vom Gedenken zur Geschichtlichkeit bedeuten würde?

Die Bibel erlegt uns die Pflicht zum Gedächtnis auf. 160 Mal wiederholt sie: "Erinnere dich." Erinnere dich, daß das Böse existiert und daß es jedes Mal ein anderes Gesicht annimmt.

Die Juden haben ein langes Gedächtnis. Sie erinnern sich an weit zurückliegende Ereignisse wie die Zerstörung des Tempels von Jerusalem im Jahre 70 durch Kaiser Titus und die römischen Legionen. Sie erinnern sich an die Kreuzzüge des Mittelalters und die Vernichtung der meisten jüdischen Gemeinden in Europa. Sie erinnern sich an die Inquisition und die Vertreibung aus Spanien im Jahr 1492. Sie erinnern sich an die Kosakenpogrome in der Ukraine und in Mitteleuropa im Jahr 1648. Aber wer außer den Juden wird sich in 100 Jahren an Auschwitz erinnern? Vielleicht die Deutschen.

Die Frage macht Angst. Wie kann man die Menschheit, die in tagtägliche Dramen verstrickt ist, dazu bringen, aus dieser Tragödie Lehren zu ziehen? Vielleicht über den Umweg des Guten? Indem man zeigt, daß es im Kampf gegen das Böses nicht immer unterliegen muß. "Das Böse hat keinerlei Tiefe und auch keine dämonische Dimension", hat Hannah Arendt gesagt. "Es kann die ganze Welt verwüsten, eben weil es sich an der Oberfläche ausbreitet wie ein Pilz. Allein die Güte hat Tiefe und Wurzeln." Aber wie kann man das beweisen? Dank jenen, die das Gute und die Gerechtigkeit vollbracht haben: dank den Gerechten.

Jene Gerechten, die zu der Zeit, als die Mehrheit tötete oder töten ließ, ihr Leben riskiert haben, um Leben zu retten. Sie waren Katholiken, Protestanten, Laien und Moslems. Auf ihre Zeugnisse lege ich großen Wert.

Etwa auf das von Berthold Beitz. Dieser Deutsche hat in den vergangenen Jahren die Krupp-Stiftung in Essen geleitet. Während des Krieges rettete er in Boryslaw 800 Juden. "Ich bin jetzt 91 Jahre alt", hat er zu mir gesagt, "und ich kann mir sagen, daß ich etwas getan habe, was gewiß keinen wirtschaftlichen Nutzen gehabt hat, aber wohl Folgen für die Menschen, was mir doch wichtiger erscheint. Meine Kinder, Enkel und Urenkel werden es erfahren. Und das sollen sie auch. In meinem Innern bin ich stolz, jenen Juden geholfen zu haben, den Todeszügen zu entgehen. Aber wie hätte ich denn noch leben können, wenn ich es nicht getan hätte?"

Irina Sendler ist Polin. Zu jener Zeit war sie Sozialarbeiterin. Sie und ihre Freunde haben aus dem Warschauer Ghetto 2500 jüdische Kinder retten können. Als sie mir ihre Erlebnisse schildert, muß sie weinen: "Heute bin ich mir wohl bewußt, daß ich nicht alles getan habe, was mir möglich war. Ich hätte noch mehr retten können. Ich habe Gewissensbisse und werde sie bis zum Ende meiner Tage haben."

Wir, meine Eltern und ich, haben das Ghetto gleich zu Beginn mit Hilfe eines Katholiken verlassen können, der ein Freund meines Vaters war. Ein Gerechter. 50 Jahre später, beim Völkermord in Ruanda, hat Corneille, heute ein bekannter Sänger in Frankreich, als einziger aus seiner Familie überlebt, dank einem Hutu. Ein Gerechter.

Der Talmud sagt, daß es in jeder Epoche 36 Gerechte gäbe, damit die Erde fortbestehe. Der Philosoph Pascal hat diese nicht einzuschätzende Anzahl mit 9000 angegeben. Aus Anlaß des Jahrestages der Befreiung von Auschwitz an die Taten der Gerechten zu erinnern, mindert nicht im Geringsten die Bosheit der Mörder, sondern macht sie eigentlich noch abscheulicher. Denn wenn einige Menschen den in Not Befindlichen die Hand gereicht haben, warum haben es dann die anderen nicht getan? Diese Erinnerung könnte in die gestrige Nacht, deren Schatten noch immer über der Welt liegt, einen Funken Hoffnung für morgen einbringen. Und einen Grund mehr, dieses Gedenken für alle Zeit fortzusetzen.

Übersetzung aus dem Französischen: Manfred Flügge

 

 

THE GLOBE AND MAIL

   

 

Auschwitz beyond the symbolism

By MICHAEL R. MARRUS

Saturday, February 19, 2005 Updated at 3:47 AM EST

Auschwitz:

A New History

By Laurence Rees

Public Affairs, 336 pages, $42.50

Written in conjunction with a BBC television series, Auschwitz: A New History seeks to tell a little-understood if broadly promoted story. "There still is confusion in popular consciousness about the true history of Auschwitz," author Laurence Rees says. Quite so. Coinciding with the 60th anniversary of the liberation of the camp, a BBC survey suggested that almost half of the British public had never heard of Auschwitz. Women and younger people under 35 knew even less than others. Here in Canada, according to an Environics poll, almost a third of respondents did not know that Jews were the primary victims of the Holocaust. Only a minority, 40 per cent, correctly identified the Jewish death toll as six million. No one can say whether this well-informed book will make a difference, but if it doesn't, no one will blame Laurence Rees for not trying.

Even many who have the basic facts right will, I suspect, be unaware of much that Rees has to relay. For example, it is not commonly appreciated outside Poland that, for the first 18 months of its existence, Auschwitz was part of the Nazis' campaign for the eradication of Polish nationhood. Situated in territory incorporated into the expanded German Reich after the defeat of Poland in 1939, Auschwitz was the German name the SS gave to the Upper Silesian border town of Oswiêcim, intended to become a pilot project for the newly conquered Lebensraum, or "living space in the East" -- a phrase rich in historical association for believers in a German destiny to rule over the purported Slavic enemies of Germandom.

"The non-German population of the Eastern territories must not receive any education higher than that of an elementary school," declared SS Chief Heinrich Himmler, Hitler's Reich Commissar for the Strengthening of Germandom, in a memorandum of May, 1940. "The objective of this elementary school must simply be to teach: simple arithmetic up to 500 at the most, how to write one's name and to teach that it is in God's commandment to be obedient to Germans and to be honest, hard-working and well-behaved." Auschwitz was part of a fantastic campaign to promote this vision, terrorize the Poles and eliminate many of them. "Of the 20,000 Poles initially sent to the camp," Rees observes, "more than half were dead by the start of 1942."

Along with brutality, sadism and murder went the madly Utopian side of Nazism -- something that was never completely absent from the Auschwitz network of camps. Already in 1940, Himmler ordered the place turned into a centre of agricultural research, a paradise for newly resettled ethnic Germans, rounded up from former homes throughout Eastern Europe.

Fired up with ambitious plans to build an SS industrial empire, the SS Reich Commissar also concluded a deal with the I. G. Farben Co. to construct a huge plant for the production of synthetic oil and rubber, which became the Auschwitz sub-camp of Monowitz. As Auschwitz camp commandant Rudolf Höss later recalled, Himmler was not to be put off by the countless practical difficulties involved. "I want to hear no more about difficulties," Höss remembered him as saying. "For an SS officer there are no difficulties! When they come up, it's his job to get rid of them. How you do that is your business, not mine."

In practice, the "difficulties" were passed along to the inmates, whose fate it became to be used up as slave labourers, toiling to expand the Auschwitz camp and its satellites, forced to realize the Nazis' visions with their bare hands. Laurence Rees tracks the various stages in this process, spurred on, but also hindered by wartime events -- the invasion of Russia in June, 1941, the grinding down of that campaign later that autumn, the expansion of the war to include the United States in December, the setbacks and eventual defeats at the hands of the Soviets. A recurring theme of this history, Rees notes, is that the Nazi leadership had to improvise its planning, contending constantly with things they did not anticipate.

Drawing on recent historical research, Rees provides a reasonably coherent account of how the Auschwitz sub-camp of Birkenau became the focal point of the "Final Solution of the Jewish Question." He is right to stress the gradual evolution of the Auschwitz murder facilities rather than their emergence from predetermined plans. As he describes, Himmler realized, toward the end of 1941, that the tens of thousands of Soviet PoWs intended for Birkenau as slave labourers would never materialize: The war in Russia continued inexorably rather than ending, the Red Army soldiers in captivity died off too quickly and those who survived were needed elsewhere.

Instead, Rees claims, the decision was made to turn the place into a factory for the murder of Jews. Step by step, SS planners improved facilities for the disposal of those prisoners who perished and for the dispatch of those for whom the Germans had no need, using gas once employed in disinfecting. In 1942, Auschwitz was still in its infancy as an industrial killing facility; during 1943, however, when so many of the other visions for Auschwitz proved to be unrealistic, the camp assumed its ultimate historic purpose -- to become the principal centre for the murder of European Jews, about a million killed, in the end, out of 1.3 million people dispatched to Auschwitz and 1.1 million of all backgrounds who perished there.

Thoughtfully presented, this work shows signs of being written for television (Rees is creative director of history programs for the BBC): While well informed, it is also episodic, moving from general assessments to specific incidents, new themes, different camps, different countries and back again. Utilizing new documentary evidence, it also rests on first-hand testimony -- more than 100 interviews with perpetrators and survivors. What the book lacks in depth of analysis, focus and coherence, it makes up in a broad view. If people want to know, this book is certainly a good start. Whether they do or not is, of course, another question.

Michael R. Marrus is the Chancellor Rose and Ray Wolfe Professor of Holocaust Studies at the University of Toronto.

 

 
 

    ULLSTEIN  |  FRÜHJAHR  2005

 

   

 LAURENCE REES | AUSCHWITZ

LAURENCE REES ist einer der führenden Regisseure und Produzenten historischer Dokumentationen. Seine Serien für die BBC erreichten weltweit ein großes Publikum. Die Nazis: Eine Warnung der Geschichte und Hitlers Krieg im Osten erschienen als Buch auch auf Deutsch. Für Auschwitz recherchierte er mehr als 15 Jahre.

»Auschwitz« steht für ein einmaliges, unfaßbares Verbrechen. Doch es steht nicht außerhalb von Raum und Zeit. Die Ermordung von etwa 1,3 Millionen Menschen – die meisten von ihnen Juden – in Auschwitz war Abschluß und Höhepunkt der nationalsozialistischen Umsiedlungs- und Vernichtungspolitik gegen die Juden Europas. Diese Politik durchlief auf den verschiedenen Entscheidungsebenen mehrere Stadien. In der Geschichte von Auschwitz ballen sich an einem Ort Planung und Chaos, Wahnsinn und Methode, Schrecken und Hoffnung der dunkelsten Zeit des 20. Jahrhunderts. In seinem ausgewogenen, fundierten und erschütternden Buch kann der renommierte britische Autor Laurence Rees dieses unfaßbare Geschehen dem Leser nachvollziehbar und – in den Grenzen des Möglichen – verständlich machen. In 15 Jahren Recherche hat er Zeitzeugen in ganz Europa befragen können, die hier erstmals über ihr Erleben sprechen. Denn mit jedem Jahr, jedem Jahrzehnt, das seit dem Grauenvon Auschwitz vergeht, wird das Erinnern und Aufschreiben wichtiger. Dieses Buch ist ein bedeutsamer Beitrag dazu.

»Zugänglich und fundiert, stets ausbalanciert. Rees scheut nicht vor den harten Fragen zurück. Ein nützliches und notwendiges Buch.« DAVID CESARANI

 

27.01.2005   

Leben neben dem KZ

Eine deutsche Stadt

Im Jahr 1943 galt Auschwitz als gute Adresse: Hier gab es Arbeit bei der IG Farben, keine Luftangriffe - nur ein paar Gerüchte.

Von Sybille Steinbacher

Die SS-Wachen von Auschwitz nannten das Lokal gegenüber dem Bahnhof ihr "Haus der Waffen-SS". Vom Lager war es nicht weit entfernt, Zutritt hatten nur Deutsche, und die Arbeit mussten weibliche Häftlinge der Zeugen Jehovas verrichten.

Dass Heinrich Himmler hier abgestiegen ist, als er Auschwitz im März 1941 und im Juli 1942 besuchte, ist nicht überliefert. Sehr wohl jedoch, dass der Reichsführer SS alle Vorbereitungen treffen ließ, um im Sommer 1943 ins Obergeschoss des Hauses zu ziehen.

Doch daraus wurde nichts, wohl weil die Ereignisse seit dem Aufstand im Warschauer Ghetto den Plan störten. Dass er ausgerechnet in Auschwitz präsent sein wollte, hatte gute Gründe: Das Lager wurde zum Zentrum der "Endlösung der Judenfrage" und die Stadt daneben eine "Musterstadt der deutschen Ostsiedlung".

An keinem anderen Ort im nationalsozialistischen Machtbereich wurden so viele Menschen ermordet wie in Auschwitz. Als Konzentrationslager, Vernichtungslager und Drehscheibe des Zwangsarbeitseinsatzes steht Auschwitz zugleich exemplarisch für die Vielseitigkeit des Lagersystems:

Errichtet im Frühjahr 1940, war das Lager ursprünglich eine Haftstätte für politische Gefangene des polnischen Widerstands. Als außergewöhnlich galt zunächst allein seine Größe: Das Lager wurde auf bis zu 10.000 Häftlinge angelegt -, eine enorme Kapazität, denn bis Kriegsbeginn waren in den sechs Konzentrationslagern im "Altreich" zusammen nicht mehr als 25.000 Menschen inhaftiert.

Zunächst stellten nicht Juden die größte Häftlingsgruppe, vielmehr waren Mitglieder der polnischen Parteien und Organisationen, Angehörige der Intelligenz sowie alle potenziellen Träger nationalpolnischen Widerstands der Verfolgung und Willkür ausgesetzt.

Polnische Phase

Juden kamen anfangs zumeist aus politischen Gründen ins Lager, und ihre Zahl blieb bis etwa Mitte 1942 vergleichsweise gering. Die Häftlinge wurden in dieser so genannten polnischen Phase der Lagergeschichte noch nicht systematisch ermordet, aber sie starben an Hunger, Schikanen und Zwangsarbeit, sie wurden zu Tode geprügelt, erhängt und erschossen.

Ende September 1941 (nicht, wie lange angenommen, schon im März) erging der Baubefehl für das zweite Lager in Auschwitz: Birkenau. Doch es wurde nicht zum Massenlager für bis zu 200.000 sowjetische Kriegsgefangene, wie geplant, sondern vermutlich ab Sommer 1942 zum Ort der systematischen Judenvernichtung.

Der Massenmord war von der Technik der Mordeinrichtungen ebenso abhängig wie von den logistischen Planungen der Funktionäre im Deutschen Reich und in Berlin.

Dass Auschwitz schließlich zum Zentrum der Aktionen wurde, hatte mit den Vorgängen in den anderen Vernichtungslagern in Polen zu tun: In Belzec hörten die Tötungen im Dezember 1942 auf, in Chelmno wurden sie im März 1943 für mehr als ein Jahr ausgesetzt, in Sobibór und Treblinka gaben Aufstandsversuche am 14.August und am 1. Oktober 1943 den Anlass zur Schließung, und in Majdanek ließ die SS Anfang November 1943 die letzte große Mordaktion durchführen.

In Auschwitz wurde der Massenmord hingegen noch bis Ende Oktober 1944 hinein betrieben - und dies, obwohl angesichts der näher rückenden Roten Armee das Lager längst aufgelöst wurde. Mindestens 1,1 Millionen, womöglich aber bis zu 1,5 Millionen Menschen starben im Lager, etwa 90 Prozent von ihnen waren Juden.

Im nebulösen Osten

Auschwitz war jedoch nicht nur der zentrale Schauplatz der Judenvernichtung, sondern auch ein Brennpunkt der Siedlungs- und Germanisierungspolitik. Gerade während der Hochphase des Massenmords wurde die Stadt Auschwitz, die vom Stammlager und vom Lager Birkenau nicht mehr als drei Kilometer entfernt lag, zu einer "deutschen" Stadt.

Noch zu Beginn des Krieges lebte unter den rund 14.000 polnischen Einwohnern, die jeweils etwa zur Hälfte Katholiken und Juden waren, praktisch niemand, der nach "rassischen" Kriterien als deutsch gelten konnte.

Dies erhellt schlagartig die Dimension der ethnografischen Neugestaltung, zu der sich die Besatzer herausgefordert sahen. Mit den Grenzfestsetzungen Ende Oktober 1939 kam Auschwitz zum Deutschen Reich, was bedeutet, dass die Verbrechen im Lagerkomplex keineswegs, wie oftmals suggeriert, im geografisch nebulösen "Osten" begangen worden sind.

Die radikale "Eindeutschung" der Stadt begann mit dem Bau der IG Farben-Werke im Frühjahr 1941. Industriegeleitete Städtebaupolitik setzte ein, und die Stadt, so verkündeten die Manager des Chemie-Giganten, die mit der SS einen einträglichen Handel eingegangen waren, sollte zu einem "Bollwerk des Deutschtums im Osten" werden.

Mehr als 6000 Reichsdeutsche verlegten bis Ende 1943 ihren Wohnsitz nach Auschwitz und bezogen die Häuser der mittlerweile deportierten Polen und Juden. Beamte waren unter ihnen, auch Unternehmer.

Das Gros der neuen Bewohner bildeten jedoch Arbeiter und Angestellte der IG Farben-Werke. Die meisten stammten aus Städten, in denen der Konzern seine Stammwerke unterhielt: Ludwigshafen, Hüls, Leuna und Frankfurt am Main.

Zur Ausbildung nach Auschwitz 

Männer wie Frauen zogen nach Auschwitz. Besonders hoch war der Anteil der jungen Leute, die offensichtlich einen Teil ihrer Ausbildung im neuen Werk absolvierten. Die Zahl der Zuziehenden (die nun aus allen Teilen des Reichs, vor allem aus den Großstädten kamen) stieg, als der Luftkrieg im "Altreich" heftiger wurde. Auschwitz blieb von Angriffen lange verschont.

Judenvernichtung und "Lebensraumeroberung" verschmolzen konzeptionell, zeitlich und räumlich miteinander. Das Nebeneinander von "Normalität" und Verbrechen in Auschwitz zeigt, dass deutsch-völkischer Aufbau und Massenmord nicht im Widerspruch zueinander standen, sondern zwischen "Eindeutschungspolitik" und systematischer Vernichtung ein enger ideologischer und organisatorischer Zusammenhang bestand.

Der Umstand, dass der Massenmord vorangetrieben wurde, selbst als Tausende von Deutschen nach Auschwitz zogen, wirft Fragen nach der öffentlichen Wahrnehmung der Verbrechen auf.

Antworten darauf sind nicht leicht zu geben. Während die SS-Führung und das Personal der Reichsbahn, das die Deportationszüge nach Birkenau lenken musste, Detailkenntnisse von den Mordvorgängen besaßen, kursierten unter der zivilen Bevölkerung von Auschwitz Teilinformationen, Gerüchte und Vermutungen.

Gewiss trug latente Angst dazu bei, dass Nachfragen unterblieben. Auch wurden Ahnungen von Alltagssorgen in den Hintergrund gedrängt. Offensichtlich scheint jedoch: Mit dem Geschehen konnte man sich arrangieren.

Die Autorin ist Historikerin an der Ruhr-Universität Bochum. Zuletzt erschien von ihr das Buch "Auschwitz.
Geschichte und Nachgeschichte" (Beck Verlag).

 

N Z Z  Online

Neue Zürcher Zeitung, 3. August 2005, Ressort Feuilleton

Auschwitz – das Schweigen der Täter

Der Auschwitz-Prozess. Tonbandmitschnitte, Protokolle und Dokumente, hg. vom Fritz-Bauer-Institut und vom Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau. 1 DVD (ca. 6000 Min., 49 000 S.), Directmedia Berlin 2004 (Digitale Bibliothek Band 101).

Jochanan Shelliem: «Weinen Sie nicht, die gehen nur baden». Zeugen des Auschwitz-Prozesses berichten. Feature, 1 CD (56 Min.). SWR/DAV 2005.

Christiane Zintzen

Präziser als die Nürnberger Tribunale, eindringlicher als die Eichmann-Verhandlung rückte der Frankfurter Auschwitz-Prozess die Details des NS-Vernichtungsapparates in den Fokus. Weder Staatspaladine noch Deportationsmanager standen in der «Strafsache gegen Mulka u. a.» 1963 bis 1965 vor Gericht, sondern sogenannt «tatnahe Täter»: 183 Gerichtstage hindurch mussten sich 22 Angeklagte (SS-Männer, SS-Ärzte und ein Kapo) als eigenhändige Vollstrecker von Selektion, Tortur und Tötung verantworten. Wie konsequent sie Antworten und Verantwortung schuldig blieben, erweist die enorme – vom Frankfurter Fritz-Bauer-Institut auf DVD eingerichtete – Dokumentation mit erdrückender Evidenz: Rund 49 000 Bildschirmseiten, 500 Fotos und Pläne sowie 100 Stunden aus dem Tonbandmitschnitt fasst das digitale Speichermedium, welches den Prozess samt Vorerhebungen und erläuternden Texten dokumentiert. Die durch Links, Register und Kommentare vorbildlich aufbereiteten Quellen bilden die singuläre Situation eines Gerichtsverfahrens ab, das nicht weniger als 360 Personen – 211 Überlebende und 85 ehemalige SS-Angehörige – in den Zeugenstand rief. Was diese im Einzelnen über den Vernichtungsalltag zu Protokoll gaben, wurde auf Tonbändern aufgezeichnet. Die Transkription der Aufnahmen ermöglicht den Nachvollzug des dezidiert auf die Rekonstruktion der konkreten Lagerrealität ausgerichteten Verfahrens. Die mit Umsicht ausgewählten Tonbeispiele sind nicht nur wegen ihrer knapp 100 Stunden Laufzeit kaum zu bewältigen: Die Fallhöhe zwischen der Sprachmacht der Zeugen und dem Unsäglichen, dessen Darstellung diese Sprachmacht gilt, ist absolut – so absolut wie der Gegensatz zwischen den stundenlangen Erörterungen der Opfer und den raren Repliken der Täter.

N Z Z  Online

Neue Zürcher Zeitung, 30. Juli 2005, Ressort Feuilleton

Moral nach Auschwitz

Rolf Zimmermann: Philosophie nach Auschwitz. Eine Neubestimmung von Moral in Politik und Gesellschaft. Rowohlt-Verlag, Reinbek 2005. 268 S., Fr. 23.50.

«In weniger als sechs Jahren zerstörte Deutschland das moralische Gefüge der westlichen Welt, und zwar durch Verbrechen, die niemand für möglich gehalten hätte.» 1949 reiste Hannah Arendt durch das zerstörte Nachkriegsdeutschland; in ihrem Bericht über diesen «Besuch in Deutschland» wird Auschwitz zur Chiffre für die Zerstörung des moralischen Selbstbewusstseins einer ganzen Epoche. Was sind die Aufgaben einer Philosophie nach Auschwitz? Der Konstanzer Philosoph Rolf Zimmermann geht von einem «Gattungsbruch» in der Moral aus. Der durch Auschwitz bewirkte Riss im moralischen Bild des Menschen durchtrenne die Vorstellung einer einheitlichen Menschheitsmoral, die von Kant direkt bis in unsere Gegenwart reiche. Auschwitz habe gezeigt, dass es keine apriorische moralische Gattungsgewissheit mehr geben könne. Es gelte nun, das Verhältnis von Moral, Geschichte, Politik und Sozialwissenschaft neu zu überdenken. Zimmermann entwickelt dazu den Begriff einer «moralischen Zeitgenossenschaft», die nicht universalistisch argumentiert, sondern eine fühlende «Wir-Perspektive» voraussetze. Es gehe darum, eine lebensnahe moralische Kultur zu entwickeln, bei der die Verneinung von Inhumanität zu den Denkvoraussetzungen gehöre.

 

 

Why Memory?
Testimony about the Holocaust, from a survivor who became a great writer and from a man haunted by six losses.

Reviewed by Elie Wiesel
Sunday, October 8, 2006; T01

AUSCHWITZ REPORT

By Primo Levi

With Bernardo De Benedetti

Translated from the Italian by Judith Woolf

Verso. 97 pp. $17.95

THE LOST

A Search for Six of Six Million

By Daniel Mendelsohn

HarperCollins. 512 pp. $27.95

 

 Read this review, here                                    

A storyteller returned from the edge of civilisation

 

Last Updated:  05/11/2006

 

Ian Thomson reviews Auschwitz Report by Primo Levi with Leonardo De Benedetti tr by Judith Wolf

 

In July 1986, nine months before he died, I met Primo Levi at his home in Turin. He was in shirtsleeves for the interview, and the tattoo '174517' was visible on his left forearm. ('A typical German talent for classification', he tartly observed.) Arrested in Italy as an anti-Fascist partisan, Levi was deported in 1944 to the Judenlager of Buna-Monowitz, or Auschwitz III. The number on his arm was his sole identity. In Nazi eyes, he was subhuman.

On his return to Italy in October 1945, not surprisingly, Levi was in trauma. After the nightmare of Auschwitz, everything seemed futile and false ('I had the sensation that I was living,' he told me, 'but without being alive'). Levi saw himself a storyteller returned from the edge of civilisation and began to accost strangers with the story of his ordeal. If This Is a Man, the chronicle he wrote of his survival, is now a set text in Italian schools. No other work conveys the horror of the Nazi genocide more directly and profoundly, or interrogates our recent moral history so incisively. For its quiet testimony of man's inhumanity to man, it remains one of the essential books of our age.

 

A teeming, intensely literary work, If This Is a Man involved many different phases of drafting. One of these was a report on the 'Sanitary and Medical Organisation' of Auschwitz III, written for the Soviet authorities in the spring of 1945. Levi was then awaiting repatriation from a transfer camp in Katowice, Poland, run by the Red Army. He wrote the report there with the help of a fellow Italian survivor, Leonardo De Benedetti. Auschwitz Report (published here in English for the first time) later appeared in the November 1946 edition of Minerva Medica, then Italy's equivalent of The Lancet. It was Levi's first published piece of writing, and contains in truncated form sections of what was to become If This Is a Man.

Leonardo De Benedetti, a medical doctor, was in charge of the Katowice infirmary. Thirty years older than Levi, a man his age should not have lived beyond a week of entering the camp, and his survival was not easily explained. De Benedetti appointed Levi his outpatient clerk. A unique friendship based on the camaraderie of former inmates was made. While Levi was often bewildered by the Soviet confusion of Katowice, De Benedetti had some insight into the camp's vodka-swilling command. During the First World War he had served as a medical officer in the Russian port of Murmansk in the Polar Circle.

He and Levi may have suspected that their report would serve as propaganda for the Soviet Union. All the same, they had reason to be grateful to the Red Army, which had triumphed over anti-Semitic Germany and rescued a few surviving Jews from Auschwitz. Their joint dossier thus hails the 'unstoppable advance of the brave Russian troops' as well as its 'generous provision' of foodstuffs.

It was only 23 years later, when Levi read Solzhenitsyn's First Circle in 1968, that he understood why the Katowice Command had questioned him so intently on Auschwitz food rations and sabotage prevention. They were seeking information on how to run the Gulag more efficiently, as well as collecting historical data.

Primo Levi had little difficulty in summoning the data needed for the report. He had already drafted from memory a map of Auschwitz III, showing the worksite's underground petrol tank, the clothing warehouse, the punishment block, the SS dormitories. All the streets and buildings had been drawn to scale. De Benedetti enumerated the myriad infectious diseases prevalent in the camp (typhus, scarlet fever, diphtheria). And Levi, a chemist by profession, provided information on the Zyklon B anti-pesticide used in the Auschwitz I gas chambers.

At some point after their repatriation the friends decided to revise and amplify the Katowice report. It appeared in the Turin medical journal nine months after Levi had begun to write If This Is a Man. And while Levi worked on that astonishing book, his greatest task was to contain his anger; to give way to moral outrage, he knew, would tarnish his credibility as a witness. Auschwitz Report, with its cautious scientific objectivity, provided him with a model for the precision and lucidity he needed. Clear prose was his most effective antidote to the language anarchy – the confusio linguarum – of Auschwitz, where communication was often impossible not to say hazardous.

By any standards, Auschwitz Report is a fascinating historical document that takes us back to the moral and material ruins of Nazi Europe, and Italy's hoped-for rebirth after the catastrophe of Fascism. It belongs to what J. G. Ballard has called 'invisible literature', the professional reading matter of specialists, which is of more lasting value than any fictional account of atrocity. With its communiqué style of exposition, indeed, Auschwitz Report creates a disturbing sense of communion and intimacy with the reader. (Auschwitz has happened once, it seems to be saying, therefore Auschwitz can happen again.)

But Auschwitz Report is also, as its editor Robert S. C. Gordon says in his introduction, a testimony to the most extraordinary friendship. When Leonardo De Benedetti died in 1983, Levi's moral support and consolation was pulled from under him. Everything about the men's mutual solicitude, affection and trust stemmed from their deportation to Auschwitz. But now Primo Levi's credentials had changed: he became a lonely survivor.

 

 
THE

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JERUSALEM POST

 

November 9, 2006

The Holocaust remembered

Meir Ronnen, THE JERUSALEM POST

 

Books about the Holocaust and the Third Reich continue to fascinate me for two reasons: First, the first-person accounts are all about the power of the wish to go on living. Second, those about Hitler's Reich further explain how the leadership of a country, any country, can corrupt the entire apparatus of a nation.

Witnesses of War, by Nicholas Stargardt (Knopf), is a history of the Third Reich illustrated via a massive collection of tales about children affected by the rise of Nazism and its decline. The children of this book are both Germans and Jews, as well as the children of countries occupied by the Germans or at war with Germany.

The changes in the youth of a defeated Germany are the most striking. The 17 million-strong German military lost nearly five million soldiers, 63 percent of them in the last 18 months of the war, when even desperate groups of armed Hitler Youth were being mowed down. Younger Germans were sometimes nearly as under-nourished as Jewish children had been in the Warsaw Ghetto.

After 1945, both Jewish and German children struggled to find their way in a better world. They had something in common - they had survived. The Jewish children, however, were nearly all without parents or relatives. A professor of history, Stargardt is the son of a Jew who escaped from Hitler's Germany to Australia.

Auschwitz Report by Primo Levi, with Leonardo de Benedetti (Verso, London), first published over half a century ago, is now available in English for the first time. It's an unemotional, even technical description of concentration camp life; an important testimony at the time but by now in the domain of common knowledge. Benedetti, a physician and co-prisoner, provides forensic medical details.

The Nuremberg Interviews, by Leon Goldensohn (Knopf), then a psychiatrist serving with the American army, is a record the author left of his unpublished conversations with most of the defendants during the trial; they have been edited by Prof. Robert Gellately. The most striking thing about the personalities and protestations of the Nazis is their banality. Shorn of their uniforms and power, Goering, Streicher, Keitel, Ribbentrop and others come across as pathetically second rate, even in defiance.

A few, like Schacht, Von Papen and Fritzche, were acquitted, much to the disgust of Speer, who resented getting 20 years. This fascinating book also includes talks with German witnesses who were convicted in other courts, including top commanders like Kesselring, Halder, von Manstein and von Kleist. Manstein, like Donitz and all the others, denied that he knew what the SS was doing to the Jews in his area of command. Funk, the fat little economics czar and the best educated among the convicted (he was also a fine pianist), denied being an anti-Semite or organizing pogroms and blamed Schacht for trying to wriggle out of responsibility.

Colonel Goldensohn was a keen questioner; he never let the Nazis get away with anything.

One Who Came Back, by Josef Katz (Dryad Press, Maryland), is the well-translated diary of a young German Jew deported from Lubeck in 1941. It is an account of more than four years of slave labor, sadistic beatings, starvation and occasional life-saving kindnesses.

Katz survived by successfully pretending to be a skilled craftsman at various trades about which he knew almost nothing, something that moved him from one camp to another or rescued him from hard labor in the most brutal of all camps, Stutthof, where work was designed to eliminate a daily quota of Jews. He survived selections by chance but always tried to cling to the belief that he would make it. He tells of an old German woman who dropped him bags of breadcrumbs and a Nazi camp commander who did everything to keep his Jewish prisoners alive.

Katz's narrative is riveting and spiced with gallows humor; I couldn't put it down. Katz married a girl he met in the Riga Ghetto and died in America in 1990.

Harvest of Despair, by Karel C. Berkhoff (Belknap/Harvard), is a chillingly dispassionate account of life and death in Nazi-occupied Ukraine. Welcomed first as liberators from Russia and its punitive collectivization, the Germans, after killing or deporting all the Jews and Roma, soon revealed themselves as administrators of a slave state that did not allow any schooling beyond the fourth grade and deported Ukrainians to slave labor.

Many Ukrainians enlisted in German para-military forces and served as concentration camp guards; only a few joined the partisan groups organized by the Russians. Prof. Berkhoff examines the speculation that Ukrainian disillusionment with both the Communist and Nazi regimes fed a demand for the independent state that ultimately emerged.

The Hand of Compassion, by Kristen Renwick Monroe (Princeton Paperbacks), is a scientific approach to why and how five ordinary people found the extraordinary courage to defy the Nazi regime in order to help its victims. Several were awarded medals by Yad Vashem as Righteous Gentiles. Prof. Monroe tracked down the five rescuers and tells their stories through sensitive interviews, while providing us with an idea of how altruism can reach the heights of moral choice. This interesting book appeared in hardback over a year ago.

Nazi Chic?, by Irene Guenther (Palgrave/Macmillan), is a massive account of the rise of fashion in Weimar Germany and how it survived during the Third Reich. She describes how the Nazis failed to construct an image of the German woman that would jibe with Nazi policies, and eventually failed to fight fashion with wartime restrictions. In a country where almost everyone wore some sort of a uniform, there were not enough textiles available to dress many women in uniform.
How Nazis rich and poor kept themselves looking good is a feature of Prof. Guenther's unusual book, which deals candidly with the sociology and anti-Semitism of Hitler's Reich. Funnily enough, it demonstrates how young German women were almost all the most effective resisters of Nazi dicta. Among the many photographs is one of Jewish girls marching off to slave labor wearing identical Nazi smocks.

Refuge Denied, by Sarah A. Ogilvie and Scott Miller of the United States Holocaust Memorial Museum (Wisconsin U.), is a technically muddled account of how these two researchers discovered how some of the 937 passengers on the German liner St. Louis met their ends at the hands of the Nazis they thought they had escaped when they sailed from Hamburg to Cuba in 1939.

Cuba refused to land all but 22 of the Jews and the decent, even heroic German captain took his ship to US waters off Miami in the hope that they would be allowed into the United States. Despite a vigorous Jewish outcry, President Franklin D. Roosevelt, fearing a flood of penniless refugees, turned his thumb down, sending the horrified passengers back to Hamburg.

Captain Schroeder thought of running his ship ashore in the English Channel but was eventually allowed to disembark his passengers in Antwerp, where they were dispersed in small numbers among Britain, France and the Netherlands. Only those who landed in England escaped the Nazi blitz. Nearly 40 years ago, Hollywood's best ever historical drama, Voyage of the Damned, offered a wonderful recreation of how a freedom cruise turned into a nightmare.