25-07-2000


 
Ingeborg Bachmann
(1926-1973)
 
 
 

                                                  

 

 

Erklär mir, Liebe!

Dein Hut lüftet sich leis, grüßt, schwebt im Wind,

dein unbedeckter Kopf hat's Wolken angetan,

dein Herz hat anderswo zu tun,

dein Mund verleibt sich neue Sprachen ein,

das Zittergras im Land nimmt überhand,

Sternblumen bläst der Sommer an und aus,

von Flocken blind erhebst du dein Gesicht,

du lachst und weinst und gehst an dir zugrund,

was soll dir noch geschehen -

 

Erklär mir, Liebe!

 

Der Pfau, in feierlichem Staunen, schlägt sein Rad,

die Taube stellt den Federkragen hoch,

vom Gurren überfüllt, dehnt sich die Luft,

der Entrich schreit, vom wilden Honig nimmt

das ganze Land, auch im gesetzten Park

hat jedes Beet ein goldner Staub umsäumt.

 

Der Fisch errötet, überholt den Schwarm

und stürzt durch Grotten ins Korallenbett.

Zur Silbersandmusik tanzt scheu der Skorpion.

Der Käfer riecht die Herrlichste von weit;

hätt ich nur seinen Sinn, ich fühlte auch,

daß Flügel unter ihrem Panzer schimmern,

und nähm den Weg zum fernen Erdbeerstrauch!

 

Erklär mir, Liebe!

 

Wasser weiß zu reden,

die Welle nimmt die Welle an der Hand,

im Weinberg schwillt die Traube, springt und fällt.

So arglos tritt die Schnecke aus dem Haus!

Ein Stein weiß einen andern zu erweichen!

 

Erklär mir, Liebe, was ich nicht erklären kann:

sollt ich die kurze schauerliche Zeit

nur mit Gedanken Umgang haben und allein

nichts Liebes kennen und nichts Liebes tun?

Muß einer denken? Wird er nicht vermißt?

 

Du sagst: es zählt ein andrer Geist auf ihn ...

Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander

durch jedes Feuer gehen.

Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts.

 

Explícame, amor!

 

Tu sombrero se levanta despacio, saluda, y vuela al viento,
tu cabeza desnuda enamora a las nubes,
tu corazón tiene que hacer en otra parte,
tu boca asimila lenguas nuevas,
la hierba tembladera menudea por aquí,
el verano apaga y enciende los ásteres con un soplo,
ciego por los copos levantas el rostro,
ríes y lloras y te hundes en ti,
qué más ha de ocurrirte -

 

Explícame, amor!

 

El pavo con solemne asombro hace la rueda,
la paloma levanta su collar de plumas,
el aire se dilata repleto de arrullos,
grita el ánade, el país entero
se sirve de la miel silvestre, también en el sereno parque
los arriates están enmarcados con un polvo dorado.

 

El pez se ruboriza, adelanta a la bandada
y se precipita entre grutas al lecho de coral.
Al son de la música de la arena plateada baila tímido el escorpión.
El escarabajo huele de lejos a la más espléndida;
¡si yo tuviera sus sentidos, notaría también
que brillan alas bajo el caparazón de ella,
y tomaría el camino del fresal lejano!

 

¡Explícame, amor!

 

El agua sabe hablar,
la ola torna a la ola de la mano,
en la viña el racimo se hincha, salta y cae.
¡Cuán confiado sale el caracol de su casa!

¡Una piedra sabe conmover a otra!

 

Explícame amor, lo que no sé explicar:
¿trataré durante este tiempo corto y hostil
únicamente con pensamientos y sólo yo
no conoceré ni haré nada afectuoso?
¿Tiene uno que pensar? ¿No le echarán de menos?

 

Dices: otro espíritu cuenta con él...

No me expliques nada. Veo a la salamandra
pasar por todos los fuegos.
Ningún horror la persigue y nada le causa dolor.

 


 
Else Lasker-Schüler
[1869-1945]

 

 
Heimlich zur Nacht

 
Ich habe dich gewählt
Unter allen Sternen

 
Und bin wach - eine lauschende Blume
Im summenden Laub.

 
Unsere Lippen wollen Honig bereiten,
Unsere schimmerden Nächte sind aufgeblüht.

 
An dem seligen Glanz deines Leibes
Zündet mein Herz seine Himmel an -

 
Alle meine Träume hängen an deinem Golde,
Ich habe dich gewählt unter allen Sternen.

 
 
 
Às escondidas em direcção à noite

 
Escolhi-te
De entre todas as outras Estrelas

 
E sou frágil - uma flor que espreita
Entre a folhagem sussurrante.

 
Nossos lábios querem gerar mel
As nossas noites brilhantes estão em flor.

 
No bendito esplendor do teu corpo
O meu coração encontra o seu Céu -

 
Todos os meus sonhos dependem do teu Ouro,
Eu escolhi-te de entre todas as outras Estrelas.

 

 

 

Claire Goll
(1891-1977)

 

 
Du-Ich

 

 
Wir sind traumblumig
Vom selben Licht
Von gleicher Dämmerung
Aus Sternasche
Schon vor unser Geburt
Waren unsere Wesen eins
Und nach dem Tod
Werden wir uns wieder sehen

 

 
Durch die Zeit
Durch den Raum
Stürzt ich mich
In dich
Knabe-Gott
Sinke wieder
Unendlich
Ins Ur
   
Tu-Eu

 

 
Em sonhos florescemos
Com a mesma luz,
Com o mesmo crepúsculo
De cinzas de estrelas.
Desde antes do nosso nascimento,
Eram os nossos seres um só,
E depois da morte,
Sê-lo-emos de novo.

 

 
Através do tempo,
Através do espaço,
Atiro-me
Contra ti
Menino-Deus
Afundo-me de novo
Indefenidamente
Na Origem.