Gesang
zur Nacht
I
Vom
Schatten eines Hauchs geboren
Wir
wandeln in Verlassenheit
Und
sind im Ewigen verloren,
Gleich
Opfern unwissend, wozu sie geweiht.
Gleich
Bettlern ist uns nichts zu eigen,
Uns
Toren vor verschlossenem Tor.
Wie
Blinde lauschen wir ins Schweigen,
In
dem sich unser Flüstern verlor.
Wir
sind die Wandrer ohne Ziele,
Die
Wolken, die der Wind verweht,
Die
Blumen, zitternd in Todeskühle,
Die
warten, bis man sie niedermäht.
II
Daß
sich die letzte Qual an mir erfülle,
Ich
wehr' euch nicht, ihr feindlich dunklen Mächte.
Ihr
seid die Strasse hin zur großen Stille,
Auf
der wir schreiten in die kühlsten Nächte.
Es
macht mich euer Atem lauter brennen,
Geduld!
Der Stern verglüht, die Träume gleiten
In
jene Reiche, die sich uns nicht nennen,
Und
die wir traumlos dürfen nur beschreiten.
III
Du
dunkle Nacht, du dunkles Herz,
Wer
spiegelt eure heiligsten Gründe,
Und
eurer Bosheit letzte Schlünde?
Die
Maske starrt vor unserm Schmerz -
Vor
unserm Schmerz, vor unsrer Lust
Der
leeren Masken steinern Lachen,
Daran
die irdnen Dinge brachen,
Und
das uns selber nicht bewußt.
Und
steht vor uns ein fremder Feind,
Der
höhnt, worum wir sterbend ringen,
Daß
trüber unsre Lieder klingen
Und
dunkel bleibt, was in uns weint.
IV
Du
bist der Wein, der trunken macht,
Nun
blut ich hin in süßen Tänzen
Und
muß mein Leid mit Blumen kränzen!
So
will's dein tiefster Sinn, o Nacht!
Ich
bin die Harfe in deinem Schoß,
Nun
ringt um meine letzten Schmerzen
Dein
dunkles Lied in meinem Herzen
Und
macht mich ewig, wesenlos.
V
Tiefe
Ruh - o tiefe Ruh!
Keine
fromme Glocke läutet,
Süße
Schmerzensmutter du -
Deinen
Frieden todgeweitet.
Schließ
mit deinen kühlen, guten
Händen
alle Wunden zu -
Daß
nach innen sie verbluten -
Süße
Schmerzensmutter - du!
VI
O
laß mein Schweigen sein dein Lied!
Was
soll des Armen Flüstern dir,
Der
aus des Lebens Gärten schied?
Laß
namenlos dich sein in mir -
Die
traumlos in mir aufgebaut,
Wie
eine Glocke ohne Ton,
Wie
meiner Schmerzen süße Braut
Und
meiner Schlafe trunkner Mohn.
VII
Blumen
hörte ich sterben im Grund
Und
der Bronnen trunkne Klage
Und
ein Lied aus Glockenmund,
Nacht,
und eine geflüsterte Frage;
Und
ein Herz - o todeswund,
Jenseits
seiner armen Tage.
VIII
Das
Dunkel löschte mich schweigend aus,
Ich
ward ein toter Schatten im Tag -
Da
trat ich aus der Freude Haus
In
die Nacht hinaus.
Nun
wohnt ein Schweigen im Herzen mir,
Das
fühlt nicht nach den öden Tag -
Und
lächelt wie Dornen auf zu dir,
Nacht
- für und für!
IX
O
Nacht, du stummes Tor vor meinem Leid,
Verbluten
sieh dies dunkle Wundenmal
Und
ganz geneigt den Taumelkelch der Qual!
O
Nacht, ich bin bereit!
O
Nacht, du Garten der Vergessenheit
Um
meiner Armut weltverschloss' nen Glanz,
Das
Weinlaub welkt, es welkt der Dornenkranz.
O
komm, du hohe Zeit!
X
Es
hat mein Dämon einst gelacht,
Da
war ich ein Licht in schimmernden Gärten,
Und
hatte Spiel und Tanz zu Gefährten
Und
der Liebe Wein, der trunken macht.
Es
hat mein Dämon einst geweint.
Da
war ich ein Licht in schmerzlichen Gärten
Und
hatte die Demut zum Gefährten,
Deren
Glanz der Armut Haus bescheint.
Doch
nun mein Dämon nicht weint noch lacht,
Bin
ich ein Schatten verlorener Gärten
Und
habe zum todesdunklen Gefährten
Das
Schweigen der leeren Mitternacht.
XI
Mein
armes Lächeln, das um dich rang,
Mein
schluchzendes Lied im Dunkel verklang.
Nun
will mein Weg zu Ende gehn.
Laß
treten mich in deinen Dom
Wie
einst, ein Tor, einfältig, fromm,
Und
stumm anbetend vor dir stehn.
XII
Du
bist in tiefer Mitternacht
Ein
totes Gestade vor schweigendem Meer,
Ein
totes Gestade: Nimmermehr!
Du
bist in tiefer Mitternacht.
Du
bist in tiefer Mitternacht
Der
Himmel, in dem du als Stern geglüht,
Ein
Himmel, aus dem kein Gott mehr blüht.
Du
bist in tiefer Mitternacht.
Du
bist in tiefer Mitternacht
Ein
Unempfangener in süßem Schoß,
Und
nie gewesen, wesenlos!
Du
bist in tiefer Mitternacht.
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