4-11-2003

 

FERNANDO PESSOA

(em especial sobre o LIVRO DO DESASSOSSEGO)

 

                                          

 

 

Das Buch der Unruhe

Fernando Pessoa (1888-1935) ist der bedeutendste portugiesische Dichter der Moderne. An seinem "Buch der Unruhe", dessen Autorschaft er dem ihm nicht unverwandten Hilfsbuchhalter Bernardo Soares zuschreibt, hat Pessoa mehr als 20 Jahre gearbeitet. Es erschien erstmals 1982 in Lissabon. Der Zürcher Amman-Verlag gibt in seiner höchst verdienstvollen Pessoa-Gesamtausgabe nun die definitive erweiterte deutsche Fassung heraus, die in der kommenden Woche erscheint und aus der die "Literarische Welt" Auszüge druckt.

Fernando Pessoa: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares. Aus dem Portugiesischen von Ines Kobel auf der Grundlage der Übertragung von Georg Rudolf Lind.

Ammann, Zürich. 580 S., 49,90 EUR. Artikel erschienen am 17. Mai 2003

 

 
Fernando Pessoa, por José de Almada Negreiros
 

Opium hab ich in der Seele

Denken ist mehr wert als Leben: Aus Fernando Pessoas neu übersetztem "Buch der Unruhe"

Anfangs beschäftigten mich metaphysische Spekulationen, später wissenschaftliche Ideen. Zu guter Letzt waren es soziologische. Doch in keinem dieser Stadien meiner Suche nach Wahrheit fand ich Sicherheit oder Erleichterung. Ich las wenig. durchforstete meine lnteressensgebiete kaum. Das wenige aber, das ich las, ermüdete mich mit seinen vielen widersprüchlichen Theorien, die alle gleichermaßen wissenschaftlich begründet waren, alle gleichermaßen wahrscheinlich klangen und mit einer bestimmten Auswahl von Fakten übereinstimmten, die stets wirkte, als beinhaltete sie sämtliche Fakten. Wenn ich mit müden Augen von den Büchern aufsah oder die verstörte Aufmerksamkeit meiner Gedanken auf die äußere Welt richtete, sah ich nur eines. Und dies strafte jeden Nutzen meiner Lektüre und meines Denkens Lügen und riss Blütenblatt um Blütenblatt aus meiner Vorstellung von dem, was Bemühen sei: die unendliche Komplexität der Dinge, die unermessliche Summe, die schier unmögliche Überprüfbarkeit selbst der wenigen Fakten, die unerlässlich wären, um darauf eine Wissenschaft zu gründen.

 

Ich entdeckte nach und nach die Enttäuschung. nichts zu entdecken. Ich fand weder Vernunft noch Logik, nur einen Skeptizismus, der nicht einmal nach einer ihn rechtfertigenden Logik suchte. Ich habe nie daran gedacht, mich davon zu heilen - warum auch? Und gesund sein, was hieß das? Woher nahm ich die Gewissheit, dass dieser Seelenzustand auf eine Krankheit hindeutete? Und wenn dem so war, wer garantiert uns, dass Krankheit nicht wünschenswerter, logischer ist als Gesundheit? Wenn die Gesundheit vorzuziehen ist, warum werde ich dann krank, wenn ich es nicht von Natur aus war, und wenn dem so war, weshalb gegen die Natur angehen, die mich zu irgendeinem Zweck, sofern sie denn einen Zweck hat, anscheinend krank wollte?

 

FRAGMENTOS DE UMA AUTOBIOGRAFIA

Primeiro entretiveram-me as especulações metafísicas, as ideias científicas depois. Atraíram-me finalmente as (…) sociológicas. Mas em nenhum destes estádios da minha busca da verdade encontrei segurança e alívio. Pouco lia, em qualquer das preocupações. Mas no pouco que lia tantas teorias me cansava ver, contraditórias, igualmente assentes em razões desenvolvidas, todas elas igualmente prováveis e de acordo com uma certa escolha dos factos que tinha sempre o ar de ser os factos todos. Se erguia dos livros os meus olhos cansados, ou se dos meus pensamentos desviava para o mundo exterior a minha perturbada atenção, só uma cousa eu via, desmentindo-me toda a utilidade de ler e pensar, arrancando-me uma a uma todas as pétalas da ideia do esforço: a infinita complexidade das cousas, a imensa soma (…), a prolixa inatingibilidade dos próprios poucos factos que se poderiam conceber precisos para o levantamento de uma ciência.

 * * *

O desgosto de não encontrar nada encontro comigo pouco a pouco. Não achei razão nem lógica senão a um cepticismo que nem sequer busca uma lógica para se defender. Em curar-me disto não pensei – por que me havia eu de curar disso? E o que era ser são? Que certeza tinha eu que esse estado de alma deve pertencer à doença? Quem nos afirma que, a ser doença, a doença não era mais desejável, ou mais lógica ou mais (…) do que a saúde? A ser a saúde preferível, porque era eu doente se não por naturalmente o ser, e se naturalmente o era porque ir contra a Natureza, que para algum fim, se fim ela tem, me quereria decerto doente?

 

Stichhaltige Argumente habe ich immer nur für die Trägheit gefunden. Mit jedem Tag durchdrang mich zunehmend das düstere Bewusstsein, dass ich ein aus Trägheit Entsagender war. Die Suche nach Formen der Trägheit, die Bereitschaft, jede persönliche Anstrengung zu fliehen, jede gesellschaftliche Verantwortung - aus diesem Material habe ich die gedachte Statue meiner Existenz geformt.

Ich ließ das Lesen, ließ davon ab, je nach Lust und Laune dieser oder jener ästhetischen Lebensart anzuhängen. Lernte, dem wenigen, das ich las, nützliche Elemente für den Traum zu entnehmen. War bestrebt, von dem wenigen, das ich erlebte, nur zu bewahren, was sich als ferner, falscher Widerschein in meinem Innern weiter fort führen ließ. Ich bemühte mich, aus all meinen Gedanken und all den täglichen Kapiteln meiner Erfahrung einzig Empfindungen zu filtern. Ich gab meinem Leben eine ästhetische Ausrichtung und richtete diese Ästhetik auf das rein Persönliche aus. Machte sie ausschließlich zu der meinen.

 

Zudem war ich, um meinen inneren Hedonismus voranzutreiben, bestrebt, jede soziale Empfindsamkeit zu meiden. Ich panzerte mich gegen das Gefühl des Lächerlichen. Ich beschränkte meinen Kontakt zu anderen auf ein Mindestmaß. Ich tat mein Bestes, um alle Liebe zum Leben zu verlieren. Und meines Verlangens nach Ruhm entledigte ich mich nach und nach wie ein müder Mensch seiner Kleider, um zu ruhen.

 

 

Vom Studium der Metaphysik und der Wissenschaften ging ich zu geistigen Beschäftigungen über, die mein nervöses Gleichgewicht stärker erschütterten. Ich verbrachte Nächte über Bänden von Mystikern und Kabbalisten, deren Lektüre mir immer wieder ein Innehalten abverlangte. Die Riten und Mysterien der Rosencreutzer, die Symbolik der Kabbala und der Templer - all dies bedrückte mich lange. Das Fieber meiner Tage: wurde durch giftige Spekulationen geschürt, basierend auf der dämonischen Logik der Metaphysik - Magie, Alchimie; die schmerzliche, fast übersinnliche Empfindung, mir würde sich jeden Augenblick ein höchstes Mysterium enträtseln, wirkte auf mich wie ein trügerisch lebensnotwendiger Stimulus. Ich vcrlor mich in den ekstatischen Sekundärsystemen der Metaphysik, Systeme voll verwirrender Analogien und Fallen für klare Gedanken, große geheimnisvolle Landschaften. in denen der Glanz des Übernatürlichen Mysterien an seinen Grenzen weckt.

Die Empfindungen haben mich alt werden lassen... Das Denken hat mich verbraucht. Und mein Leben wurde zu einem metaphysischen Fieber, entdeckte unentwegt einen verborgenen Sinn in den Dingen, spielte mit dem Feuer der geheimnisvollen Analogien, stellte die anfäng1iche Klarheit, die normale Synthese immer wieder hintan und würdigte sich selbst herab.

Ich verfiel in eine vielschichtige, geistige Disziplinlosigkeit, gepaart mit völliger Gleichmut. Wo suchte ich Zuflucht? Mir scheint, ich suchte nirgendwo Zuflucht. Ich gab mich etwas hin, vom dem ich nicht weiß, was es war. Ich konzentrierte meine Wünsche, um sie weiter verfeinern zu können. Um das Unendliche zu erreichen - und ich glaube, es kann erreicht werden -, brauchen wir einen Hafen, einen einzigen, sicheren Hafen, von dem aus wir aufbrechen - zum Unbestimmten.

 

Nunca encontrei argumentos senão para a inércia. Dia a dia mais e mais se infiltrou em mim a consciência sombria da minha inércia de abdicador. Procurar modos de inércia, apostar-me a fugir a todos o esforço quanto a mim, a toda a responsabilidade social – talhei nessa matéria de (…) a estátua pensada da minha existência.

Deixei leituras, abandonei casuais caprichos de este ou aquele modo estético da vida. Do pouco que lia aprendi a extrair só elementos para o sonho. Do pouco que presenciava, apliquei-me a tirar apenas o que se podia, em reflexo / distante / e […], prolongar mais dentro de mim.  / Esforcei-me / por que todos os meus pensamentos, todos os capítulos quotidianos da minha experiência me fornecessem apenas sensações. Criei à minha vida uma orientação estética. E orientei essa estética para o puramente individual. Fi-la minha apenas.

Apliquei-me depois, no decurso procurado do meu hedonismo interior, a furtar-me às sensibilidades sociais. Lentamente me couracei contra o sentimento do ridículo. Ensinei-me a ser insensível quer para os apelos dos instintos, quer para as solicitações (…)  Reduzi ao mínimo o meu contacto com os outros. Fiz o que pude para perder toda a afeição à vida, (…) Do próprio desejo da glória lentamente me despi, como quem cheio de cansaço se despe para repousar.

* * *

 Do estudo da metafísica, (…) passei a ocupações de espírito mais violentas para o equilíbrio dos meus nervos. Gastei apavoradas noites debruçado sobre volumes de místicos e de cabalistas, que nunca tinha paciência para ler de todo de outra maneira que não intermitentemente trémulo e (…) Os ritos e as razões (?) dos Rosa-Cruz, a simbólica (…) da Cabala e dos Templários (…) – sofri durante tempos a aproximação de tudo isso. E encheram a febre dos meus dias especulações venenosas, da razão demoníaca da metafísica – a magia (…) a alquimia – extraindo um falso estímulo vital de sensação dolorosa e persistente (?) de estar como que sempre à beira de saber um mistério supremo. Perdi-me pelos sistemas secundários, excitados da metafísica, sistemas cheios de analogias perturbantes, de alçapões para a lucidez, pondo paisagens misteriosas onde reflexos de sobrenatural acordam mistérios nos contornos.

 Envelheci pelas sensações… Gastei-me gozando os pensamentos… E a minha vida passou a ser uma febre metafísica, sempre descobrindo sentidos ocultos nas cousas, brincando com o jogo das analogias misteriosas, procrastinando a lucidez integral, a síntese normal para se […]

Caí numa complexa indisciplina cerebral, cheia de indiferenças. Onde me refugiei? Tenho a impressão de que não me refugiei em parte nenhuma. Abandonei-me mas não sei a quê. Concentrei e limitei os meus desejos, para os poder requintar melhor. Para se chegar ao infinito, e julgo que se pode lá chegar, é preciso termos um porto, um só, firme, e partir de ali para Indefinido.

 

Heute bin ich ein Asket meiner eigenen Religion. Eine Tasse Kaffee, eine Zigarette, und meine Träume sind ein vorzüglicher Ersatz für Universum und Sterne, Arbeit, Liebe ja selbst Schönheit und Ruhm. Ich brauche so gut wie keine Stimulanzien. Opium habe ich in der Seele. Was ich für Träume habe? Ich weiß es nicht. Ich habe mich gezwungen, an einen Punkt zu gelangen, an dem ich nicht mehr weiß, woran ich denke, wovon ich träume, was ich schaue. Mir scheint, ich träume aus immer weiterer Ferne und zunehmend das Unbestimmte, das Ungenaue, das Nichtschaubare. Ich stellte keine Theorien über das Leben auf. Ich weiß nicht, ob es gut oder schlecht ist, ich denke nicht darüber nach. In meinen Augen ist es hart und traurig, mit hin und wieder angenehmen Träumen. Was geht mich an, was es für andere ist?

 

Anderer Leute Leben dient mir allein für meine Träume, in ihnen lebe ich das Leben, von dem ich denke, es könnte ihnen entsprechen.

 

Seit dem frühen Morgen und entgegen der sonnigen Gewohnheit dieser hellen Stadt hatte der Nebel die Häuserreihen, die aufgehobenen Räume, die Unebenheiten von Boden und Gebäuden in einen leichten Mantel gehüllt, den die Sonne nach und nach vergoldete. Doch je näher die hohe Mittagsstunde kam, desto mehr löste sich der nachgiebige Nebel auf und wich unwägbar in hauchdünnen Schattenschleiern. Gegen zehn Uhr vormittags verriet nur noch das zarte, zögerliche Erblauen des Himmels, dass es neblig gewesen war. Kaum verrutschte die verbergende Maske, erwachte das Gesicht der Stadt zu neuem Leben. Wie durch ein geöffnetes Fenster brach der bereits angebrochene Tag an. In den Geräuschen vollzog sich eine leichte Veränderung. Neue Geräusche kamen hinzu. Ein blauer Farbton schlich sich aufs Straßenpflaster und in die unpersönliche Aura der Passanten. Die Sonne wärmte, doch war ihre Wärme noch feucht, unsichtbar gefiltert von dem schon nicht mehr vorhandenen Nebel. Das Erwachen einer Stadt - mit oder ohne Nebel - bewegt mich weit mehr als das anbrechende Morgenrot über Feldern. Es ist sehr viel mehr als ein Erwachen, es ist sehr viel mehr zu erwarten, wenn die Sonne - statt die Gräser, die Konturen der Sträucher, die offenen Flächen der Blätter nur mit ihrem anfangs noch diffusen , dann feuchten und zu guter Letzt leuchtenden Licht zu vergolden - ihre möglichen Effekte auf den Fensterscheiben spielen lässt, sich darin vielfach bricht, Mauern bunt bemalt, Dächer in die verschiedensten Farbtöne taucht und den Morgen groß macht und so anders als so viele andere Wirklichkeiten. Das Morgenrot auf dem Land tut mir wohl: das Morgenrot in der Stadt tut mir wohl und nicht wohl und daher mehr als nur wohl. Ja, denn die größere Hoffnung, die es in mir weckt, hat wie alle Hoffnung jenen leicht bitteren, wehmütigen Beigeschmack, nicht Wirklichkeit zu sein. Der Morgen auf dem Land existiert; der Morgen in der Stadt verheißt. Der eine lässt leben; der andere denken. Und wie alle großen Verfluchten werde ich immer fühlen, dass Denken mehr wert ist als Leben. Und so, wie ich träume. denke ich auch nach.

 

Wenn ich will, es ist nur eine andere Art des Träumens. Prinz glücklicherer Stunden, einst war ich deine Prinzessin, und unsere Liebe war eine Liebe anderer Art, deren Erinnerung mich schmerzt.

 

Hoje sou ascético na minha religião (?) de mim. Uma chávena de café, um cigarro e os meus sonhos substituem bem o universo e as suas estrelas, o trabalho, o amor, até a beleza e a glória. Não tenho quase necessidade de estímulos. Ópio tenho-o eu na alma. Que sonhos tenho? Não sei. Forcei-me por chegar a um ponto onde nem saiba já em que penso, em que sonho, o que visiono. Parece-me que sonho cada vez de mais longe, que cada vez mais sonho o vago, o impreciso, o invisionável.  Não faço teorias a respeito da vida. Se ela é boa ou má não sei, não penso. Para os meus olhos é dura e triste, com sonhos deliciosos de permeio. Que me importa o que ela é para os outros?

 

A vida dos outros só me serve para eu lhes viver, a cada um, a vida que me parece que lhes convém no meu sonho.

 

Desde antes de manhã cedo, contra o uso solar desta cidade clara, a névoa envolve, num manto leve, que o sol foi crescentemente dourando, as casas  múltiplas, os espaços abolidos, os acidentes da terra e das construções. Chegada, porém, a hora alta antes do meio dia – começou a desfiar-se a bruma branda, e, em hálitos de sombras de véus, a cessar imponderavelmente. Pelas dez horas da manhã só um t+enue mau-azular do céu revelava que a névoa fora.  As feições da cidade renasceram do escorregar da máscara do velamento. Como se uma janela se abrisse, o dia já raiado raiou. Houve uma leve mudança nos ruídos de tudo. Apareceram também. Um tom azul insinuou-se até nas pedras das ruas e nas auras impessoais dos transeuntes. O sol era quente, mas ainda humidamente quente. Coava-o invisivelmente a névoa que já não existia. O despertar de uma cidade, seja entre névoa ou de outro modo, é sempre para mim uma coisa mais enternecedora do que o raiar da aurora sobre os campos. Renasce muito mais, há muito mais que esperar, quando, em vez de só dourar, primeiro de luz obscura, depois de luz húmida, mais tarde de ouro luminoso, as relvas, os relevos dos arbustos, as palmas das mãos das folhas, o sol multiplica os seus possíveis efeitos nas janelas, nos muros, nos telhados, - […] – quando manhã […] a tantas realidades diversas.  Uma aurora no campo faz-me bem; uma aurora na cidade bem e mal, e por isso me faz mais que bem. Sim, porque a esperança /maior / que me traz tem, como todas as esperanças, aquele travo longínquo e saudoso de não ser realidade. A manhã do campo existe; a manhã da cidade promete. Uma faz viver; a outra faz pensar. E eu hei sempre de sentir, como os grandes malditos, que mais vale pensar que viver.

 E assim como sonho, raciocino se quiser, porque isso é apenas uma outra espécie de sonho. Príncipe de melhores horas, outrora eu fui tua princesa, e amámo-nos com um amor doutra espécie, cuja memória me dói.

 

Vermutlich bin ich, was man einen Dekadenten nennt, einer dessen Geist äußerlich durch dieses traurige Leuchten einer künstlichen Fremdheit bestimmt ist, die einer rastlosen, seiltänzerischen Seele in unerwarteten Worten Gestalt gibt. Ich spüre, dass ich so bin, und dass ich absurd bin. Daher suche ich in Nachahmung einer Hypothese der Klassiker, zumindest den schmucken Empfindungen meiner Ersatz-Seele durch eine ausdrucksstarke Mathematik Form zu verleihen. Es kommt immer wieder vor, dass ich in einem bestimmten Stadium meines schriftlichen Nachdenkens nicht mehr weiß, wo das Zentrum meiner Aufmerksamkeit liegt - ob in den verstreuten Empfindungen, die ich zu beschreiben versuche wie unbekannte Tapisserien. ob in den Worten, in die ich mich, im Wunsch, den Akt des Beschreibens zu beschreiben, verstricke, verirre und auf diese Weise andere Dinge sehe. Neben klaren und verschwommenen Gedanken-, Bild- und Wortassoziationen sage ich, was ich empfinde, wie auch, was ich zu empfinden glaube, und unterscheide nicht mehr zwischen dem, was die Seele sagt und was die Bilder, die auf dem Boden blühen, auf den die Seele sie hat fallen lassen, ja, ich erkenne nicht einmal mehr, ob der Klang eines barbarischen Wortes oder der Rhythmus eines eingeschobenen Satzes mich nicht schon vom an sich unbestimmten Thema abbringt, von der schon eingefahrenen Empfindung, und mich entbindet von allem Denken und Sagen, wie jene großen Reisen, die man zur Zerstreuung unternimmt. Und all dies müsste, während des Wiedergebens hier, ein Gefühl von Nichtigkeit, Scheitern und Schmerz wachrufen und vermag mir doch nur goldene Schwingen verleihen. Sobald ich von Bildern spreche, entstehen - vielleicht weil ich ein Zuviel an Bildern ablehne - neue Bilder in mir; sobald ich mich aufrichte, um zu verwerfen, was ich nicht empfinde, empfinde ich es bereits, und das Verwerfen wird zu einem mit Spitzen verzierten Gefühl. Sobald ich mich Irrwegen anheim geben will, da der Glaube an meine Bemühungen endgültig geschwunden ist, lassen mich ein klassischer Begriff, ein räumliches, schmuckloses Adjektiv, plötzlich, wie im Licht eines Sonnenstrahls, klar die schläfrig geschriebene Seite vor mir erkennen, und die Buchstaben aus der Tinte meines Federhalters werden zu einer absurden Landkarte magischer Zeichen. Und ich lege mich beiseite wie meinen Federhalter und hülle mich in meinen Umhang, lehne mich zurück, allein, fern, zwischen zwei Welten, besiegt, am Ende, wie ein Schiffbrüchiger, der, märchenhafte Inseln vor Augen, untergeht inmitten eines veilchenblau vergoldeten Meeres, von dem er auf fernen Lagern wirklich träumte.

Fantasiegestalten sind klarer und wahrer als wirkliche Gestalten. Die Welt meiner Fantasie war immer die einzig wahre Welt für mich. Nie habe ich Liebe so wahr erlebt, so beschwingt, intensiv und lebendig wie mit den Gestalten, die ich mir selbst erschuf. Ein Wahnsinn! Und ich denke sehnsüchtig an sie zurück, denn wie jede andere Liebe, ist auch sie vergänglich...

 Von der Terrasse dieses Kaffeehauses schaue ich verschwommen auf das Leben. Ich sehe nur wenig von seiner Vielfalt, dichtgedrängt hier auf diesem Platz, deutlich sichtbar und mein. Eine leichte Benommenheit, wie bei einem Glas zuviel, enthüllt mir die Seele von Dingen. Außerhalb von mir geht in den Schritten der Vorübergehenden und der gezügelten Heftigkeit ihrer Bewegungen sichtbar und einmütig das Leben dahin. In diesem Augenblick, in dem meine Sinne gelähmt sind und mir alles etwas anderes zu sein scheint und meine Wahrnehmungen falsch, verworren und klar, breite ich reglos meine Schwingen aus wie ein imaginärer Condor. Und da ich ein Mann von Idealen bin, strebe ich vielleicht wirklich nicht mehr an, als hier zu sitzen, auf diesem Platz, an diesem Tisch, in diesem Kaffeehaus.

 

Suponho que seja o que chamam um decadente, que haja em mim, como definição externa do meu espírito, essas lucilações tristes de uma estranheza postiça que incorporam em palavras inesperadas uma alma ansiosa e malabar. Sinto que sou assim e sou absurdo. Por isso busco, por uma imitação de uma hipótese dos clássicos, figurar ao menos em uma matemática expressiva as sensações decorativas da minha alma substituída. Em certa altura da cogitação escrita, já não sei onde tenho o centro da atenção – se nas sensações dispersas que procuro descrever, como a tapeçarias incógnitas, se nas palavras com que, querendo descrever a própria descrição, me embrenho, me descaminho e vejo outras coisas. Formam-se em mim associações de ideias, de imagens, de palavras – tudo lúcido e difuso - , e tanto estou dizendo o que sinto, como o que suponho que sinto, nem distingo o que a alma me sugere do que as imagens, que a alma deixou cair, me enfloram no chão, nem até, se um som de uma palavra bárbara, ou um ritmo de frase interposta, me não tiram do assunto já incerto, da sensação já em parque. e me absolvem de pensar e de dizer, como grandes viagens para distrair. E isto tudo, que, se o repito, deveria dar-me uma sensação de futilidade, de falência, de sofrimento, não conseguem senão dar-me asas de ouro. Desde que falo de imagens, talvez porque fosse a condenar o abuso delas, nascem-me imagens; desde que me ergo de mim para repudiar o que não sinto, eu o estou sentindo já e o próprio repúdio é uma sensação com bordados; desde que, perdida enfim a fé no esforço, me quero abandonar ao extravio, um termo clássico, um adjectivo espacial e sóbrio, fazem-me de repente, como uma luz de sol, ver clara diante de mim a página escrita dormentemente, e as letras da minha tinta de caneta são um mapa absurdo de sinais mágicos. E deponho-me como à caneta, e traço a capa de me reclinar sem nexo, longínquo e súcubo, final como um náufrago afogando-se à vista de ilhas maravilhosas, em aqueles mesmos mares doirados de violeta que em leitos remotos verdadeiramente sonhara.  

As figuras imaginárias têm mais relevo e verdade que as reais. O meu mundo imaginário foi sempre o único mundo verdadeiro para mim. Nunca tive amores tão reais, tão cheios de verve, de sangue e de vida como os que tive com figuras que eu próprio criei. Que loucura! Tenho saudade deles, porque, como os outros, passam…

 Do terraço deste café olho tremulamente para a vida. Pouco vejo dela - a espalhada - nesta sua concentração neste largo nítido e meu. Um marasmo como um começo de bebedeira, elucida-me a alma de coisas. Decorre fora de mim nos passos dos que passam e na fúria regulada de movimentos a vida evidente e unânime. Nesta hora os sentidos estagnaram-me e tudo me parece outra coisa - as minhas sensações um erro confuso e lúcido, abro asas mas não me movo, como um condor suposto. Homem de ideais que sou, quem sabe se a minha maior aspiração não é realmente não passar de ocupar este lugar a esta mesa deste café?
 

 

 Alles ist so vergeblich wie ein Herumstochern in Asche und so vage wie der Augenblick, bevor der Morgen graut. Und das Licht fällt so vollkommen und heiter auf die Dinge, vergoldet sie so prächtig mit traurig lächelnder Wirklichkeit! Das ganze Mysterium der Welt kommt herab zu mir, bis es vor meinen Augen Banalität und Straße wird. Wie sich doch Alltag und Geheimnis berühren in unserer unmittelbaren Nähe! Hier, an der lichten Oberfläche dieses vielschichtigen menschlichen Lebens, lächelt die Zeit ungewiss auf den Lippen des Mysteriums! Wie modern dies alles klingt! Und im Grunde so alt, so geheimnisvoll, mit einem so anderen Sinn behaftet als dem, der in all dem leuchtet!

Tudo é vão, como mexer em cinzas, vago como o momento em que ainda não é antemanhã. E a luz brota tão serenamente e perfeitamente nas cousas, doura-as tão de realidade sorridente e triste! Todo o mistério do mundo desce até ante meus olhos se esculpir em banalidade e rua. Ah, como as cousas quotidianas roçam mistérios por nós! Como à superfície, que a luz toca, desta vida complexa de humana, a Hora, sorriso incerto, sobe aos lábios do Mistério! Que moderno que tudo isto soa! E, no fundo tão antigo, tão oculto, tão tendo outro sentido que aquele que luz em tudo isto! 

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24. Mai 2003,  02:17, Neue Zürcher Zeitung

Ästhetik des Verzichts: Pessoa und sein Hilfsbuchhalter Bernardo Soares

Zur erweiterten und sprachlich revidierten Neuausgabe des «Buchs der Unruhe»

In unseren Breitengraden ist Fernando Pessoa (1888-1935), der grösste Dichter des modernen Portugal und einer der bedeutendsten des zwanzigsten Jahrhunderts überhaupt, vor allem durch sein postum veröffentlichtes «Buch der Unruhe» bekannt geworden. Es liegt nun, beim Ammann-Verlag, in einer erweiterten Fassung vor.

Von Georges Güntert

«Das Buch der Unruhe»: Der vielsagende Titel stammt vom Dichter selbst, der, wie mehrere Dokumente belegen, seit dem Jahr 1914 und wiederum in seinen letzten Lebensjahren ernsthaft an eine Buchveröffentlichung dieser Prosatexte dachte. Aus der Nähe betrachtet, handelt es sich bei den jetzt zu einem Buch vereinigten Materialien um eine lose Sammlung von Fragmenten, die grösstenteils aus dem literarischen Nachlass Fernando Pessoas stammen, aus der berühmten, mit Manuskriptbündeln gefüllten und heute in der Nationalbibliothek in Lissabon verwahrten Truhe, deren Inhalt seit 1982 einem stetig wachsenden Leserkreis zugänglich gemacht wird. Auffallend bei den Erstausgaben dieses ungewöhnlichen Tagebuchs war die durchwegs unterschiedliche Gestaltung etwa der italienischen, der deutschen oder der englischen Fassung: Sowohl die Zahl der ausgewählten Texte als auch die Auswahlkriterien selbst variierten jeweils beträchtlich. Im Vorwort zur italienischen Ausgabe wurde dem Leser sogar nahegelegt, er solle sich sein eigenes «Buch der Unruhe» zusammenstellen.

 

 

Da sich die Zuweisung der Fragmente zum Werk des einen oder andern Heteronyms - der Namen, unter denen Pessoa schrieb - in vielen Fällen als äusserst schwierig erwies und die Reihenfolge der nur ausnahmsweise datierten Texte nicht eindeutig feststand, blieb die Gestaltung des Buches tatsächlich dem philologischen Spürsinn der Herausgeber überlassen. Hatte Pessoa nicht selber vom «Zufallsbuch seines Nachsinnens», das ohne Plan und Zusammenhang entstanden sei, gesprochen? Wahrscheinlich hätte er den Band anders als seine heutigen Herausgeber konzipiert. Eines jedoch ist sicher: An der polyglotten Vermehrung und postumen Vervielfältigung des «Livro do desassossego» hätte er - der Erfinder der Heteronyme - seine helle Freude gehabt.

MEISTERWERK DER MODERNE

Schon die Editoren der portugiesischen Erstausgabe von 1982 hatten versucht, die etwas über 500 Textpartikel thematisch zu ordnen und sie zu einer lesbaren Buchfassung zu vereinigen. Das war kein leichtes Unterfangen, denn die Aufzeichnungen stammten aus verschiedenen Schaffensperioden - der kleinere Teil aus dem Jahr 1913, die meisten jedoch aus dem Zeitraum 1929-1934 - und wurden von Pessoa zwei unterschiedlich definierten Heteronymen, Vicente Guedes und Bernardo Soares, zugeschrieben. 1985 erschien das «Buch der Unruhe» bei Ammann in Zürich in einer deutschen Fassung, die weniger als die Hälfte der schon identifizierten Texte berücksichtigte - «allerdings die bessere Hälfte», wie der damalige Übersetzer, Georg Rudolf Lind, im Nachwort zuversichtlich meinte. Dem deutschen Leser wurde so erstmals ein Zugang zu diesem Meisterwerk der literarischen Moderne ermöglicht; gleichzeitig aber blieb ihm Wichtiges vorenthalten.

Inzwischen hatten sich in Portugal weitere Forschungsequipen an die Arbeit gemacht, denen es gelingen sollte, neue Pessoa-Texte dem Heteronym Soares zuzuordnen und sie in die bereits vorhandene Sammlung einzugliedern. Das Ergebnis dieser jahrelangen Bemühungen liegt jetzt vor: In der von Richard Zenith betreuten Neuausgabe, die vor kurzem beim Lissabonner Verlag Assírio & Alvim erschienen ist, wird dem Leser ein um viele gehaltvolle Seiten erweiterter und streckenweise durchaus kohärent wirkender Text geboten, der die Bezeichnung «Buch» tatsächlich verdient. Auf diese portugiesische Originalausgabe stützt sich auch die neue deutsche Fassung, die demnächst bei Ammann erscheinen wird. Sie enthält doppelt so viele Eintragungen von Bernardo Soares wie die Erstausgabe, nämlich 481; dazu kommen - im Anhang - die sogenannten «Grossen Texte» aus der Frühzeit Pessoas und, nebst einer Auswahl von Briefen, die Vicente Guedes zugeschriebenen Passagen. Für die Übersetzung der neu aufgenommenen Fragmente und die Revision der früher edierten Texte zeichnet Inés Knoebel, die auch eines der Nachworte - das andere stammt vom Verleger - verfasst hat.

In der jüngsten Version des «Buchs der Unruhe» erhält die fiktive Gestalt des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares im Vergleich zu früheren Ausgaben ein noch grösseres Gewicht. Wie sein Erfinder ist auch Soares ein Angestellter, der seine Freizeit mit Schreiben verbringt. Er schreibt jedoch keine Verse, sondern ausschliesslich Prosa, und gibt sogar vor, von Poesie nichts zu verstehen. Das macht ihn zum Heteronym des zum Dichter geborenen Fernando Pessoa. Der ein belangloses Schattendasein in der Lissabonner Unterstadt fristende Soares erzählt «ohne den Wunsch nach Zusammenhang seine Autobiographie ohne Fakten» (Fragment 12). Das Gegenstück zu dieser anspruchslosen Person wäre das imponierende Individuum, als das sich die Romantiker darstellten. Doch beim blossen Gedanken an eine solche Pose muss Soares laut herauslachen, denn er hält den romantischen Anspruch auf Erkenntnis der inneren menschlichen Wahrheit für blosse Überheblichkeit.

GLEICHMUT, INDIFFERENZ

Im Brief vom 13. Januar 1935 an Adolfo Casais Monteiro bezeichnet Pessoa Soares als «Halbheteronym, weil seine Persönlichkeit nicht die meinige, aber auch nicht eine völlig andere ist». Das Double, so meint er, «erscheint immer dann in mir, wenn ich müde und schläfrig bin und . . . mein Denkvermögen etwas nachgelassen hat; denn seine Prosa ist eine ständige Träumerei». Und: Soares, «das bin ich, ohne mein Denkvermögen und ohne meine Emotionalität». Was die Person des Hilfsbuchhalters auszeichnet, ist - abgesehen von dem ausdruckslosen Gesicht und der matten Stimme - ihr «Gleichmut», den wir bald als leidenschaftslosen Gemütszustand, bald als alles abwertende Indifferenz erfahren. Soares betrachtet das Leben «als eine Herberge, in der er verweilen muss, bis die Postkutsche des Abgrunds eintrifft», «geniesst die Brise, die ihm vergönnt ist», und erzählt von den «dahinfliessenden Flüchtigkeiten des Lebens», über die sich wenig oder nichts erzählen lässt. Am liebsten steht er am Fenster und träumt vor sich hin. Sein Blick folgt dem Vorüberziehen der Wolken oder dem Aufkommen des Nebels, der an Regentagen die tiefer gelegenen Quartiere der Stadt einhüllt; er «hört die Zeit fallen, Tropfen um Tropfen»; horcht auf das Schweigen des Hauses, «das ans Unendliche rührt»; nimmt den bei Ebbe aufsteigenden Meeresgeruch (maresia) wahr, der sich «schmutzig bis hin zur Unterstadt ausbreitet», und erzählt von den Strassen der Stadt, die tagtäglich vom gleichen dumpfen Treiben erfüllt sind: «All dies geschieht, und nichts von alledem sagt mir etwas» (Fragment 3).

Handeln ist ihm zuwider; er überlässt dies lieber seinem Chef Vasques, der «die Banalität des Lebens verkörpert». «Die Welt gehört dem, der nicht fühlt. Die Grundvoraussetzung, um ein praktischer Mensch zu werden, ist ein Mangel an Sensibilität» (Fragment 303). So bleibt ihm nichts anderes, als zu träumen, weiss er doch, dass seine Kümmernisse verfliegen, wenn er «das Fenster auf die Strasse seiner Träume öffnet und sich selbst vergisst bei dem, was er sieht» (Fragment 92). In der Aktivität des Schreibens verbinden sich indes Handeln und Träumen. Doch auch die schriftstellerische Tätigkeit vollzieht sich in völligem Gleichmut, ohne starke Emotionen, ohne Dramatik, denn der Hilfsbuchhalter Soares «schreibt seine Literatur, wie er Buch führt» (Fragment 13).

Wolken, leichte Nebelschwaden, Meeresgeruch, die Reglosigkeit der Mittagsstunde, die Gleichheit der Tage - so erlebt Soares «das Schauspiel der Welt». Was fasziniert ihn an der Schwerelosigkeit des Wirklichen? Warum liebt er vor allem die Luft, die Wolken, den Regen? Und warum kreisen seine Empfindungen immer um Realitäten, aus denen kaum Geschichten entstehen können? Vielleicht findet sich eine Erklärung in der Definition von Literatur, die uns das «Buch der Unruhe» vermittelt. «Literatur», so bemerkt Soares einmal, «ist eine mit dem Denken vermählte Kunst und eine Verwirklichung ohne den Makel von Wirklichkeit» (Fragment 27). Soares geht es weder um Objektivierung noch um Selbstdarstellung. Das eigene Leben erzählen hiesse, es in einer Autobiographie neu zu «erschaffen». Dies würde sowohl einen Willensakt als auch ein Ziel voraussetzen, und zudem könnte sich die Persönlichkeit durch diese Form des Schreibens verändern. Soares hingegen ist ein Träumer: Er bewahrt sich die Empfänglichkeit der Sinne, sucht ein Leben der schwebenden Impressionen und wechselnden Stimmungen, das eher einem Gelebt-Werden gleicht. Als Grundmotiv seiner Träumereien bietet sich Soares das Bild der vorüberziehenden Wolken an, das sich im Fragment 204 aufs Schönste verdichtet und auf einmal eine erstaunliche Aussagekraft erhält:

Wolken? Heute erlebe ich den Himmel mit Bewusstsein, es gibt Tage, an denen ich ihn nur fühle und nicht betrachte, da ich in der Stadt lebe und nicht in der Natur, die sie einschliesst. Wolken? Sie sind heute für mich das Wesentliche der Wirklichkeit und beschäftigen mich so, als ob das Überwachen des Himmels eine der grossen Sorgen meines Schicksals sei. Wolken? Sie ziehen von der Flussmündung hin zum Kastell, von West nach Ost, in zerstreutem, nacktem Tumult. Zuweilen erscheinen sie weiss, wenn sie zerfetzt die Vorhut von etwas Unbekanntem bilden; andere, langsamere sind fast schwarz, wenn der hörbare Wind sie mit Verzögerung hinwegfegt, finster und schmutzigweiss, wenn sie, als wollten sie bleiben, eher mit ihrem Aufkommen als mit ihrem Schatten, den falschen Raum verdunkeln, den die Strassen zwischen den geschlossenen Häuserreihen öffnen.

Wolken? Ich existiere, ohne es zu wissen, und werde sterben, ohne es zu wollen. Ich bin der Raum zwischen dem, was ich nicht bin, zwischen dem, was ich träume, und dem, was das Leben aus mir gemacht hat, der abstrakte und körperliche Mittelwert zwischen Dingen, die nichts sind, da ich ebenfalls nichts bin. Wolken? Welche Unruhe, wenn ich fühle, welches Unbehagen, wenn ich denke, welche Zwecklosigkeit, wenn ich will! . . .

Wolken? Ich frage mich und kenne mich nicht. Was ich getan habe, war unnütz, und was ich tun werde, lässt sich nicht rechtfertigen. Den Teil des Lebens, den ich nicht mit konfusem Interpretieren nicht existenter Dinge vertan habe, habe ich mit dem Schreiben dieser Prosa vergeudet, dank der ich mir ein unbekanntes Universum zu eigen mache. Ich bin mich leid, objektiv und subjektiv. Bin alles und alle leid. Wolken? Sie sind alles: sich auflösende Höhen, das einzig Wirkliche heute zwischen der nichtigen Erde und dem nicht existenten Himmel: nicht zu beschreibende Fetzen des Überdrusses, den ich ihnen aufzwinge; zu farblosen Drohungen verdichteter Nebel; schmutzige Wattebäusche eines wandlosen Krankenhauses. Wolken? Sie sind wie ich, ein zerstörter Übergang zwischen Himmel und Erde, einem unsichtbaren Impuls folgend, mit oder ohne Donner; weiss erhellend, schwarz verfinsternd; Fiktionen des Zwischenraums und der Abweichung, fern vom Lärm der Erde und doch ohne die Stille des Himmels. Wolken? Sie ziehen noch immer vorüber, immer auf ewig; wickeln ihre fahlen Stränge auf und ab, treiben ihren falschen, zerrissenen Himmel wirr und weit auseinander.

Von Pessoa ipse und seinen Heteronymen aus betrachtet, erscheint das hier entworfene Weltbild als ein sich in nichts auflösendes Traumgebilde, als Fiktion. Wir erkennen darin weder die ätzende Ironie des Denkers Fernando Pessoa noch die leidenschaftlich bewegte Rede des Dichters lvaro de Campos; und auch von den formvollendeten Wortschöpfungen des Ricardo Reis trennen uns Welten. Einzig der Bukoliker Alberto Caeiro, der jedoch Verse schreibt, praktiziert eine ähnliche Ästhetik des Verzichts. Pessoa gibt Soares immer dann das Wort, wenn er selber - vom Denken ermüdet - sich seinen Empfindungen überlässt. Soares sei weder Herr seiner Gefühle noch seiner Gefühlsäusserungen, bemerkt Pessoa im schon erwähnten Brief an Casais Monteiro. Sein bilderreicher Stil habe zwar ästhetische Qualitäten, sei jedoch wenig strukturiert.

STUNDE DER WAHRHEIT

Dennoch: Welche Abgründe tun sich auf, wenn dieser Träumer die Welt bewusst betrachtet! Der oben zitierte Text ist von einer derartigen Dichte, dass er als mise en abyme oder Thematisierung des «Buches der Unruhe» verstanden werden kann. Die einmal hellen, dann wieder finsteren Wolken erscheinen dem Betrachter als das eigentliche «Wesen der Wirklichkeit», und das Aufschauen zum Himmel wird ihm zur «Hauptsorge seines Schicksals». Soares wähnt sich zwischen Leben und Tod, Existenz und Nichts. Beim Fühlen wird er von Unruhe erfasst, Denken bereitet ihm Unbehagen, und jedes Wollen erachtet er als zwecklos. Beim täglichen Schreiben, von dem er sich Erleichterung versprach, hat er versucht, das unergründliche Universum sich zu eigen zu machen, doch in der Stunde der Wahrheit erscheint auch dieses Bemühen als Vergeudung. Der sich über ihm wölbende Himmel bildet die täuschende Kulisse, vor der sich das Schauspiel der Welt ereignet: Auftreten, Vorüberziehen, Sich-Auflösen. Und wie das Firmament ist Soares selber ein «zerstörter Übergang zwischen Himmel und Erde», einer, der (wie wir alle?) nach dem Sinn des Ganzen fragt und keine Antwort erhält:

Wir alle, die wir träumen und denken, sind Buchhalter und Hilfsbuchhalter in einem Stoffgeschäft oder in irgendeinem anderen Geschäft in irgendeiner Unterstadt. Wir führen Buch und erleiden Verluste; wir ziehen die Summe und gehen vorüber, wir schliessen die Bilanz, und der unsichtbare Saldo spricht immer gegen uns.

Fernando Pessoa: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares. Hg. von Richard Zenith. Aus dem Portugiesischen von Inés Koebel auf der Grundlage der Übersetzung von Georg Rudolf Lind. Ammann-Verlag, Zürich 2003. 576 S., Fr. 80.-.

 

Das Lied vom Ichichich

Meisterwerk zum Festlesen: Fernando Pessoas "Buch der Unruhe"

von Claus-Ulrich Bielefeld

Fernando Pessoa ist ein Dichter der Peripherie, im geographischen wie auch in einem ganz existentiellen Sinne: Lissabon, wo er 1888 geboren wurde und 1935 starb, ist im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts die Metropole eines armen kleinen Landes, das seine Zukunft lange hinter sich zu haben scheint. Dort lebt man mit dem Rücken zu Europa und mit dem Blick auf den Ozean, hinter dessen Horizontlinie sich die Kolonien befinden. In den Straßen der Unterstadt, der baixa von Lissabon, die nach dem Erdbeben von 1755 wieder aufgebaut worden war, lebte und arbeitete Fernando Pessoa. Auf Fotos sehen wir einen schmalen, relativ hoch gewachsenen Mann in korrektem, leicht zwanghaft wirkendem Habit: schwarzer Anzug mit Weste, Fliege, Hut. Die Aktentasche unterm Arm eilt er wie auf der Flucht durch die Straßen. Mit seinem schwarzen Bärtchen erinnert er von ferne an den Komiker Groucho Marx. Von Trauer, Melancholie, Angst - und starrem Eigensinn künden die Bilder. Wir ahnen, dass dieser Mann am Rande lebt, am Rande der Gesellschaft und seines eigenen Lebens, ständig im Kampf gegen die Fremdheit der Welt.

Schreiben heißt Überleben, das ist Pessoas erstes und einziges Gesetz. Und wollte man den Inhalt seines Werks zusammenfassen, könnte man sich so knapp fassen, wie bei keinem anderen Autor der Weltliteratur: IchIchIch. Pessoas Werk wuchert aus Ambivalenzen und Paradoxien. Jemand, der sich nicht fühlt, schreibt darüber, wie man sich fühlt, wenn man sich nicht fühlt. Jemand, der taub ist für seine Umwelt, erkundet diese Umwelt mit äußerster Sensitivität und liefert ein Bild von unglaublicher Tiefenschärfe. Jemand, der nur im Schreiben überlebt, stopft seine Manuskripte in eine Truhe, deren Manuskriptschätze erst nach Jahrzehnten geborgen werden und bis heute ein Pessoa-Dechiffriersyndikat beschäftigen: Jemand macht sich ganz klein, um ganz groß werden zu können: "Ich bin nichts./ Ich werde nie etwas sein./ Ich kann nicht einmal etwas sein wollen./.Abgesehn davon, trage ich in mir alle Träume der Welt."

Trotz dieser Selbstbeschreibung und obwohl er zu Lebzeiten nur wenige Texte veröffentlicht hatte (denn fast alles wanderte eben in die "Truhe", die mehr als 24 000 Fragmente enthielt), war Pessoa bei seinen Zeitgenossen ein hoch angesehener Dichter. Dennoch hielt er an seinem Selbstverständnis des einsamen Mansardenbewohners fest. In seinem Hauptwerk "Das Buch der Unruhe", das zwischen 1913 und 1934 entstand, tritt Pessoa in der Gestalt des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares auf. Wie Pessoa arbeitet Soares als Angestellter in der Lissabonner baixa. Pessoa hat Soares als "Halbheteronym" bezeichnet und bekannte: "Soares ist ich, allerdings ohne mein Denkvermögen und ohne meine Emotionalität."

In der schmalen und dunklen Rua dos Douradores, der Straße der Goldschmiede, liegen Büro und Wohnung von Soares. Er ist ein stiller, unscheinbarer Mensch, der sich der Begierde der Wahrnehmung und den stillen Wonnen von Gedanken- und Gefühlsstürmen hingibt, die er in mal kürzeren, mal längeren Notaten niederschreibt. Da vergisst er die diffuse Angst und das Unwohlsein, die ihn überfallen, wenn er seine lebenstüchtigen Kollegen sieht: Chef Vasques, Buchhalter Moreira, Kassierer Borges und Bürodiener Antonio. Mit einem Gefühl des Ungenügens, der Nichtigkeit setzen Soares' Notate oft ein. Unzählig die Selbstbezichtigungen: "Und so bin ich - ein belangloser, sensibler Mensch, fähig zu heftigen, verzehrenden Impulsen, bösen wie guten, edlen wie niedrigen, nie aber zu einem dauerhaften Gefühl, nie zu einer Emotion, die fortwirkte und in die Substanz der Seele einginge." Der Mangel und die Angst nicht fühlen und deshalb letztlich nicht sein zu können, treiben Soares dann zu wunderbaren Aufschwüngen, blitzhellen Erkenntnissen, zauberisch klaren Bildern der Stadt und der Natur. Die Wörter, die Sprache ("sich in Worte fassen, heißt überleben") retten Soares, lassen ihn für kurze Augenblicke leben, bevor der Absturz in Zweifel und Traurigkeit einsetzt. Dieser oszillierende Wechsel zwischen Hell und Dunkel, zwischen Depression und hell aufscheinenden Epiphanien sorgt für eine immense Spannung. Wie ein tragikomischer Laokoon verstrickt sich Soares in seinem unendlichen Spiel der Ambivalenzen. "Seine Persönlichkeit verlieren, um sie zu finden" lautet der cantus firmus dieses Heroen der Vergeblichkeit, der sich unablässig aus den selbst gelegten Fallstricken zu befreien sucht: "Ich trage das Bewusstsein der Niederlage mit mir wie ein Siegesbanner."

Pessoa erweist sich als Magier, denn dieser obsessiv um sich selbst kreisende Soares nervt nicht, nein, er wächst uns ans Herz. Das liegt an der Schärfe seiner Wahrnehmung und an seiner präzisen Sprache, die philosophischen Witz transportieren kann, aphoristische Zuspitzung liebt und einen Blick auf das in rosa Farben schimmernde Lissabon gestattet, der sich zum Blick auf die ganze äußere Welt und unsere eigene innere Welt weitet.

Die Begegnung für deutsche Leser mit Pessoa hat Georg Rudolf Lind möglich gemacht. Er übersetzte das 1982 in Portugal erschienene "Buch der Unruhe" und brachte es 1985 in einer deutschen Ausgabe bei Ammann heraus. Die Verdienste des 1990 verstorbenen Lind, der viele andere Werke Pessoas übersetzt und einen Band mit Dokumenten von Pessoa publiziert hat, sind nicht hoch genug einzuschätzen. Es mutet deshalb seltsam an, dass sein Name nicht auf dem Titelblatt der Neuausgabe erscheint; "aus dem Portugiesischen übersetzt und revidiert von Inés Koebel" steht dort. Verleger Egon Ammann erwähnt in einer Schlussbemerkung Linds Verdienste. Die Neuausgabe, die rund die Hälfte mehr Text als Linds Ausgabe enthält, wird zudem als "definitive Ausgabe" gepriesen. Eine Behauptung, die dem Charakter von Pessoas fragmentarischem Schreiben zuwider läuft, zumal da Pessoas Nachlass immer noch nicht vollständig gesichtet ist.

Lesen wir uns trotzdem fest und lesen wir immer wieder, wie in einem Brevier der Lebenskunst, in dem in einer unendlichen Schleife vom Scheitern und vom Überleben erzählt wird.

Zum Schluss sei dem Meister der ironischen Widersprüche noch einmal das Wort gegeben: "Jene mangelnde Übereinstimmung mit anderen, die ich immer wieder so stark empfinde, erklärt sich wohl damit, dass die meisten mit ihrem Gefühl denken, während ich mit meinem Denken fühle."

Fernando Pessoa: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares. Hrsg. v. Richard Zenith. A. d. Portug. übers. und revidiert von Inés Koebel. Ammann, Zürich. 578 S., 39,90 EUR.

Artikel erschienen am 19. Jul 2003

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A man of many parts

Fernando Pessoa's multiple voices have different styles and idioms, and each one is extraordinary. George Steiner raves about The Book of Disquiet

Sunday June 3, 2001
The Observer

The Book of Disquiet
Fernando Pessoa, trans. Richard Zenith
544pp, Penguin, £20.00
 

Was 18 March 1914 the most extraordinary date in modern literature? On that day, Fernando Antonio Nogueira Pessoa (1888-1935) took a sheet of paper, went to a tall chest of drawers in his room and began to write standing up, as he customarily did. 'I wrote 30-odd poems in a kind of trance whose nature I cannot define. It was the triumphant day of my life, and it would be impossible to experience such a one again.'

Other poets, notably Rilke, have experienced such hours of explosive prodigality. But Pessoa's case is different and, probably, unique. The first set of poems was by one 'Alberto Caeiro' - 'my Master had appeared inside me.' The next six were composed by Pessoa struggling against the 'inexistence' of Caeiro. But Caeiro had disciples, one of whom, 'Ricardo Reis', contributed further poems. A fourth individual 'burst impetuously on the scene. In one fell swoop, at the typewriter, without hesitation or correction, there appeared the "Ode Triumphal" by "Alvaro de Campos" - the Ode of that name and the man with the name he now has.'

Pseudonymous writing is not rare in literature or philosophy (Kierkegaard provides a celebrated instance). 'Heteronyms', as Pessoa called and defined them, are something different and exceedingly strange. For each of his 'voices', Pessoa conceived a highly distinctive poetic idiom and technique, a complex biography, a context of literary influence and polemics and, most arrestingly of all, subtle interrelations and reciprocities of awareness. Octavio Paz defines Caeiro as 'everything that Pessoa is not and more'.

He is a man magnificently at home in nature, a virtuoso of pre-Christian innocence, almost a Portuguese teacher of Zen. Reis is a stoic Horatian, a pagan believer in fate, a player with classical myths less original than Caeiro, but more representative of modern symbolism. De Campos emerges as a Whitmanesque futurist, a dreamer in drunkenness, the Dionysian singer of what is oceanic and windswept in Lisbon. None of this triad resembles the metaphysical solitude, the sense of being an occultist medium which characterise Pessoa's 'own' intimate verse.

Other masks followed, notably one 'Bernardo Soares'. At some complex generative level, Pessoa's genius as a polyglot underlies, is mirrored by, his self-dispersal into diverse and contrasting personae. He spent nine of his childhood years in Durban. His first writings were in English with a South African tincture. He turned to Portuguese only in 1910 (there are significant analogies with Borges).

Pessoa earned his living as a translator. His legacy, enormous and in large part unpublished, comports philosophy, literary criticism, linguistic theory, writings on politics in Portuguese, English and French. Like Borges, Beckett or Nabokov, Pessoa shows up the naive, malignant falsehood still current in certain Fenland English faculties whereby only the monoglot and native speaker is inward with style and literary insight.

The fragmentary, the incomplete is of the essence of Pessoa's spirit. The very kaleidoscope of voices within him, the breadth of his culture, the catholicity of his ironic sympathies - wonderfully echoed in Saramago's great novel about Ricardo Reis - inhibited the monumentalities, the self-satisfaction of completion. Hence the vast torso of Pessoa's Faust on which he laboured much of his life. Hence the fragmentary condition of The Book of Disquiet which contains material that predates 1913 and which Pessoa left open-ended at his death. As Adorno famously said, the finished work is, in our times and climate of anguish, a lie.

It was to Bernardo Soares that Pessoa ascribed his Book of Disquiet, first made available in English in a briefer version by Richard Zenith in 1991. The translation is at once penetrating and delicately observant of Pessoa's astute melancholy. What is this Livro do Desassossego ? Neither 'commonplace book', nor 'sketchbook', nor 'florilegium' will do. Imagine a fusion of Coleridge's notebooks and marginalia, of Valery's philosophic diary and of Robert Musil's voluminous journal. Yet even such a hybrid does not correspond to the singularity of Pessoa's chronicle. Nor do we know what parts thereof, if any, he ever intended for publication in some revised format.

What we have is a haunting mosaic of dreams, psychological notations, autobiographical vignettes, shards of literary theory and criticism and maxims. 'A Letter not to Post', an 'Aesthetics of Indifference', 'A Factless Autobiography' and manual of welcomed failure (only a writer wholly innocent of success and public acclaim invites serious examination).

If there is a common thread, it is that of unsparing introspection. Over and over, Pessoa asks of himself and of the living mirrors which he has created, 'Who am I?', 'What makes me write?', 'To whom shall I turn?' The metaphysical sharpness, the wealth of self-scrutiny are, in modern literature, matched only by Valery or Musil or, in a register often uncannily similar, by Wittgenstein. 'Solitude devastates me; company oppresses me. The presence of another person derails my thoughts; I dream of the other's presence with a strange absent-mindedness that no amount of my analytical scrutiny can define.' This very scrutiny, moreover, is fraught with danger: 'To understand, I destroyed myself. To understand is to forget about loving.' These findings arise out of a uniquely spectral yet memorable landscape: 'A firefly flashes forward at regular intervals. Around me the dark countryside is a huge lack of sound that almost smells pleasant.'

Throughout, Pessoa is aware of the price he pays for his heteronomity. 'To create, I've destroyed myself... I'm the empty stage where various actors act out various plays.' He compares his soul to 'a secret orchestra' (shades of Baudelaire) whose instruments strum and bang inside him: 'I only know myself as the symphony.' At moments, suicidal despair, a 'self-nihilism', are close. 'Anything, even tedium', a finely ironising reservation, rather than 'this bluish, forlorn indefiniteness of everything!' Is there any city which cultivates sadness more lovingly than does Lisbon? Even the stars only 'feign light'.

Yet there are also epiphanies and passages of deep humour. In the 'forests of estrangements', Pessoa comes upon resplendent Oriental cities. Women are a chosen source of dreams but 'Don't ever touch them'. There are snapshots of clerical routine, of the vacant business of bureaucracy worthy of Melville's Bartleby. The sense of the comedy of the inanimate is acute: 'Over the pyjamas of my abandoned sleep...' The juxtapositions have a startling resonance: 'I'm suffering from a headache and the universe.' A sort of critical, self-mocking surrealism surfaces: 'To have touched the feet of Christ is no excuse for mistakes in punctuation.' Or that fragment of a sentence which may come close to encapsulating Pessoa's unique reckoning: '... intelligence, an errant fiction of the surface'.

This is not a book to be read quickly or, necessarily, in sequence. Wherever you dip, there are 'rich hours' and teasing depths. But it will, indeed, be a banner year if any writer, translator or publisher brings to the reader a more generous gift.

 

Masked magic

Nicholas Lezard hails the Portuguese modernist of many poetic disguises in The Book of Disquiet by Fernando Pessoa

Saturday June 9, 2001
The Guardian


The Book of Disquiet
Fernando Pessoa, trans and ed Richard Zenith
509pp, Allen Lane, £20
 

For whatever reason, modernism was fascinated by masks, personae, disguises. "There will be time," wrote T S Eliot, "there will be time, / To prepare a face to meet the faces that you meet." One writer who went to greater lengths than many to prepare a multitude of faces was Fernando Pessoa, born in the same year as Eliot and the greatest of the Portuguese literary modernists. That sounds almost dismissive; but which attitude strikes us now as the more contemporary, the more identifiably resonant with our times - Eliot's impermeable and at times distinctly unpleasant High Church carapace, or this, from the first numbered section in this edition of Pessoa's prose masterpiece, The Book of Disquiet ?

"Not knowing nor able to know what religious life is, since faith isn't acquired through reason, and unable to have faith in or even react to the abstract notion of man, we're left with the aesthetic contemplation of life as our reason for having a soul. Impassive to the solemnity of any and all worlds, indifferent to the divine, and disdainers of what is human, we uselessly surrender ourselves to pointless sensation, cultivated in a refined Epicureanism, as befits our cerebral nerves . . . Taking nothing seriously and recognising our sensations as the only reality we have for certain, we take refuge there, exploring them like large unknown countries."

God has failed us; and so has humanity. The expression of 20th-century unease has rarely been more exactly defined. Of course, much hinges on whether you are prepared to include yourself among Pessoa's "we"; but Pessoa's world-weary metropolitanism should at least raise a sympathetic echo.

Not that Pessoa is to be too closely identified as the author of The Book of Disquiet . According to him, it was written by - among others - Bernardo Soares, an assistant bookkeeper in the city of Lisbon. Soares was one of many personae adopted by Pessoa in the interests of varying the voices of his poetry and prose. Most of these were, like Pessoa, Portuguese, such as Alberto Caeiro, the pseudo-rural shepherd, a kind of modernist John Clare ("I've never kept sheep, / But it's as if I did", begins his first poem); but some were English or French. One, Thomas Crosse, wrote an introduction to an edition of Caeiro's Complete Poems . Crosse was meant to translate them into English but never got round to it. Did Pessoa ever entertain the notion of writing Crosse a letter telling him to get a move on?

These are more than modernist fun and games, and slightly less than escape plans for a sensibility at odds with itself. As far as Pessoa was concerned, his personae were distinct characters whose work he would create or defend with a perfectly straight face, but one imagines he had to have a certain amount of intellectual cheek to pull it off.

That said, it is a particularly good way to get round the problem of blockage, a problem one suspects Pessoa might have suffered from more than he did had he not discovered such a ruse. He is a superb example of that paradoxical creative indolence that prefers nothing so much as doing nothing, but still ends up doing rather a lot. "My perfectionist instinct should inhibit me from finishing; it should inhibit me from even beginning. But I get distracted," says Pessoa in The Book of Disquiet , "and start doing something."

In itself, The Book of Disquiet resembles a massive work of distraction, the product of a writer who should be getting on with something else: something with a plot, perhaps, or a more systematic and engaged approach to the real world. This is its chief glory and indeed purpose, and at the same time something that throws up a certain number of problems for the editor. (For the translator, I would imagine it would be rather a pleasure; I have never seen a clunky translation of his prose, which suggests that the original must be a joy to read.)

The chief problem is that while Pessoa worked on the book over three decades, no definitive order of its 500 or so sections was ever achieved or hinted at, unless you think this - a note Pessoa wrote as much to himself as to any potential future editor - helps: "The organisation of the book should be based on a highly rigorous selection from among the various kinds of texts written, adapting the older ones - which lack the psychology of Bernardo Soares - to that true psychology as it has now emerged."

That is no help at all, but it doesn't matter: there being no order to the book's sections (which range in length from half a line to several pages), you can read it however you like. What emerges is a picture of a man whom we can only define as a kind of concatenation of impressions: aphoristic, gentle, reflective and speculative, pathologically evasive, sceptical about everything, and given to Wildean wrong-footing: "An opinion is a vulgarity, even when it's not sincere." Like all aphorists, he barely tolerates the multitude, but is driven into raptures by people he sees on the street or his (imaginary?) work mates: "Today I was diminished. I'm not quite the same. The office boy left today."

What we have in The Book of Disquiet is one of the oddest fish in literature's net. Largely unpublished in its author's lifetime, it has become one of the defining texts of the modern world, precisely because of its protean nature - every edition is radically different. Monstrously unlikely in itself, it is an impossible work of the kind that Borges might have imagined - a "factless autobiography", as Pessoa puts it, or the dream book of a man who dislikes dreams. Richard Zenith - a name that itself sounds strikingly like one of Pessoa's anglophone personae- has done an heroic job in producing the best English-language version we are likely to see for a long time, if ever.

 

Michael Dirda
'The Selected Prose of Fernando Pessoa' edited and translated by Richard Zenith


Sunday, July 22, 2001; Page BW15

THE SELECTED PROSE OF FERNANDO PESSOA
Edited and Translated by Richard Zenith
Grove. 342 pp. $24

Fernando Pessoa (1888-1935) is generally regarded as Portugal's greatest writer of the 20th century. Some critics would even leave off that last qualifying prepositional phrase. Be that as it may, he is certainly one of the most appealing European modernists, equal in command and range to his contemporaries Rilke and Mandelstam. But while most writers strive mightily to discover their individual and distinctive authorial voice, Pessoa refused to narrow himself this way: Instead he invented a series of poets and essayists, gave them names, literary styles and philosophies, and then composed pages of verse and prose by Alberto Caeiro, Ricardo Reis, Alvaro de Campos, Antonio Mora, Bernado Soares. In some instances, he even wrote as Fernando Pessoa. That the word "pessoa" means "person" in Portuguese is almost too perfect.

Richard Zenith -- who sounds as if he himself might be one of Pessoa's several dozen known "heteronyms" -- has made himself into the Portuguese master's most energetic translator and advocate. In 1998 he brought out Fernando Pessoa & Co. (Grove; paperback, $14), a selection of poems by Caeiro, Reis, Campos et al. In general, I find translated poetry rather a bore, but Pessoa's work -- like that of Cavafy and Yehuda Amichai -- seems to carry something of its magic into English. At least I couldn't stop reading these lyrical meditations. At times they recall a slightly restrained Whitman:

I salute all who may read me,

Tipping my wide-brimmed hat

As soon as the coach tops the hill

And they see me at my door.

I salute them and wish them sunshine,

Or rain, if rain is needed,

And a favorite chair where they sit

At home, reading my poems

Next to an open window.

Much of Pessoa's verse adopts a pagan outlook -- his ur-heteronym, Alberto Caeiro, espoused a philosophy grounded in the senses -- with a classical emphasis on life's fleetingness, the inexorablity of fate, the wisdom of stoicism:

Day after day life's the same life.

All that happens, Lydia

In what we are as in what we are not,

Happens all the same.

Picked, the fruit withers; unpicked

It falls. Destiny is

The same, whether we seek or wait

For it. Our lot today,

Our fate from always, and in either form

Beyond us and invincible.

A similar albeit more urban melancholy suffuses Pessoa's greatest and best known work, The Book of Disquiet, the journals kept by Bernardo Soares, "a nondescript assistant bookkeeper for a fabric warehouse," who "having nowhere to go and nothing to do, nor friends to visit, nor any interest in reading books" was "in the habit of spending nights inside, in his rented room, writing." Zenith includes a chunk of that masterpiece in this Selected Prose, but back in 1996 he translated the entire work (Carcanet; a revised and amplified version is scheduled this year from Penguin). More accurately, he translated one of the reconstructions or proposed arrangements of The Book of Disquiet, for Pessoa never finished this lifelong project. Indeed, Zenith tells us that ideally its various fragments should be sold in a loose-leaf binder, so that the reader could shuffle the contents into whatever order suited.

The incomplete and fluid nature of The Book of Disquiet fits the modern taste and makes it a proto-postmodernist text -- if one wants to regard it in that way. Most of us will simply enjoy Soares's mini-essays and moody reflections, their tone a blend of the wistful, sardonic and self-pitying:

"My destiny, which has pursued me like a malevolent creature, is to be able to desire only what I know I'll never get. If I see the nubile figure of a girl in the street and imagine for the slightest moment, however nonchalantly, what it would be like if she were mine, it's a dead certainty that ten steps past my dream she'll meet the man who's obviously her husband or lover. . . . "

"My ideal would be to live everything through novels and to use real life for resting up -- to read my emotions and to live my disdain for them. For someone with a keen sensitive imagination, the adventures of a fictional protagonist are genuine emotion enough, and more, since they are experienced by us as well as the protagonist. No greater romantic adventure exists than to have loved Lady Macbeth. . . . "

"Having seen how lucidly and logically certain madmen justify their lunatic ideas to themselves and to others, I can never again be sure of the lucidness of my lucidity. . . . "

"To be a retired major seems to me ideal. It's a shame one can't have eternally been nothing but a retired major. . . . "

"Even writing has lost its appeal. To give expression to emotions and to refine sentences has become so banal it's like eating or drinking, something I do more or less with care but not much interest, always a bit detached and distracted, without enthusiasm or brilliance."

At times Pessoa's introspection verges on the sentimental or even maudlin -- though he would naturally attribute any bathos to the repressed clerk Soares. More often, The Book of Disquiet or the pages of the Selected Prose provoke troubling questions about sincerity and authenticity. How essential is it to believe that a writer is speaking from the heart? Can one put faith in any statement by Pessoa? Or is everything provisional? Do the heteronyms underscore the importance of the author or his relative unimportance? As Pessoa paradoxically observed, "In the theater of life, those who play the part of sincerity are, on the whole, the most convincing in their roles."

Zenith's excellent introduction and headnotes to the Selected Prose give a brisk account of Fernando Pessoa's largely uneventful life: a childhood in South Africa, where he learned to write perfect English; a return to Lisbon as a teenager and a career there translating business documents; no known sexual activity (however, masturbation is used as a frequent metaphor in the prose); the founding of a couple of short-lived magazines and schools of poetry (Sensationism, Intersectionism); and constant writing, without much publication. Most of Pessoa's reputation, like that of Kafka's, is in fact posthumous: He left a trunk full of manuscripts -- essays, poems, fragments of all sorts -- and these have gradually been winnowed and published over the past 40 years.

As one might expect, the Selected Prose showcases its author's fecundity and range. Under his several heteronyms Pessoa cranked out literary polemics (reminiscent of Wyndham Lewis's Blast or some of the surrealist manifestos); accounts of occultism (in which he mildly believed); short stories (in "The Anarchist Banker," a cigar-smoking plutocrat argues that he is in fact the only true follower of anarchism); messianic political tracts about the coming Portuguese renaissance; defences of paganism; rules for daily living ("Organize your life like a literary work, putting as much unity into it as possible"); commentary on favorite books (The Pickwick Papers) and on troubling authors (Shakespeare); vivid descriptions of weather and city sights; and aphorisms of all sorts: "A great painting means a thing which a rich American wants to buy because other people would like to buy it if they could. . . . Blank verse is the ideal medium for an unreadable epic poem. . . . The central thing about really great geniuses is that they are not forerunners." There's even a remarkable "static drama" called "The Mariner" that might be Samuel Beckett rewriting, with his usual elliptical pauses, Synge's "Riders to the Sea":

"First Watcher: 'But is it really a good idea for you to continue? Should every story have an end? But keep talking anyway . . . It matters so little what we say or don't say . . . We keep watch over the passing hours . . . Our task is as useless as Life . . . ' "

Having just begun reading Pessoa, I find myself utterly caught up by his melancholy wit and congenial temperament. Yet I instinctively speak as if he were a single author when he is, in fact, a whole library: If you don't care that much for Ricardo Reis, you may still like Alberto Caeiro or Alexander Search. And if you've never read Fernando Pessoa at all or have only heard a little about his remarkable genius, you may find, as I have, that he is one of those writers as addictive, and endearing, as Borges and Calvino. Certainly adventurous readers will want to explore this astonishing life's work. •

Michael Dirda's e-mail address is dirdam@washpost.com .

 

 

LIVRO DO DESASSOSSEGO

Fragmentos

 

 

Vorwort

In Lissabon gibt es eine kleine Anzahl Restaurants oder Eßlokale, mit einem schlichten Schankraum und im Stockwerk darüber einem Eßraum, der so gediegen und hausbacken wirkt wie ein Restaurant in einer Ortschaft ohne Bahnanschluß. In diesen, außer an Sonntagen, wenig besuchten Speiseräumen trifft man häufig auf sonderbare Gestalten, ausdruckslose Gesichter, Abseitige des Lebens.

Der Wunsch nach Ruhe und die mäßigen Preise machten mich während einer bestimmten Zeit meines Lebens zum Stammgast eines solchen Lokals. Wenn ich dort gegen sieben zu Abend aß, begegnete ich fast immer einem Menschen, dessen Aussehen mich anfänglich nicht, mit der Zeit aber zusehends interessierte.

Der Mann war ungefähr dreißig Jahre alt, schlank und eher groß als klein, übertrieben nach vorn gebeugt, wenn er saß, weniger wenn er stand, und mit einer gewissen Nachlässigkeit, doch nicht nachlässig gekleidet. Seinem blassen, ausdruckslosen Gesicht konnte auch die Leidensmiene keinen stärkeren Ausdruck verleihen, und es war schwer festzustellen, welche Art Leiden sie verbarg – es schienen ihrer mehrere zu sein, Entbehrungen, Ängste und jenes der Gleichmut entstammende Leid, das wiederum aus einem Übermaß an Leid rührt.

Er aß stets mäßig zu Abend und rauchte anschließend selbstgedrehte Zigaretten. Er beobachtete die anwesenden Gäste überaus aufmerksam, nicht mißtrauisch, sondern mit besonderem Interesse, doch nicht, als suche er sie zu erforschen, sondern, als interessiere er sich für sie, ohne sich ihr Verhalten oder ihr Aussehen sonderlich einprägen zu wollen. Erst diese Eigenheit weckte mein Interesse für ihn.
Ich begann, ihn mir genauer anzusehen. Ich bemerkte, daß ein gewisser Ausdruck von Intelligenz in unbestimmt-bestimmter Weise seine Züge belebte. Doch verhüllte

Niedergeschlagenheit, die Starre kalter Angst, so konstant seine Miene, daß es schwierig wurde, darüber hinaus einen anderen Wesenszug zu entdecken.

Zufällig hörte ich von einem Kellner des Restaurants, daß er kaufmännischer Angestellter in einem nahe gelegenen Unternehmen war.

Eines Tages kam es auf der Straße unter unseren Fenstern zu einem Zwischenfall: Zwei Kerle prügelten sich. Wer sich gerade im Speiseraum aufhielt, lief an die Fenster, so auch ich und der Mann, von dem ich rede. Ich richtete beiläufig einen Satz an ihn, und er antwortete mir in gleicher Weise. Seine Stimme klang matt und zaghaft, wie die von Menschen, die nichts erwarten, weil es vollkommen nutzlos ist, etwas zu erwarten. Vielleicht aber war es auch gänzlich verfehlt, meinem abendlichen Restaurantgefährten diese Bedeutung beizumessen.

Seither – ich weiß nicht warum – grüßten wir einander. Eines schönen Tages, als wir uns möglicherweise durch den absurden Umstand nähergekommen waren, daß wir beide um halb zehn zum Abendessen erschienen, kamen wir wie nebenbei ins Gespräch. Er fragte mich, ob ich schriftstellerisch tätig sei, was ich bejahte. Ich erzählte ihm von der Zeitschrift Orpheu, die kurz zuvor erschienen war. Er lobte sie, lobte sie ausführlich, was mich zugegebenermaßen erstaunte. Ich erlaubte mir, ihm meine Verwunderung zu bekunden, denn die Kunst derer, die für Orpheu schreiben, erreicht nur wenige. Er erwiderte, vielleicht gehöre er zu diesen wenigen. Im übrigen, fügte er hinzu, habe ihm die Orpheu-Lektüre nichts eigentlich Neues gebracht: Schüchtern deutete er an, da er nicht wisse, wohin er gehen noch was er tun solle, weder Freunde zu besuchen habe noch Interesse am Bücherlesen, pflege er die Abende in seinem Zimmer, in dem er zur Untermiete wohne, ebenfalls schreibend zu verbringen.

Er hatte seine zwei Zimmer – und dies ging zwangsläufig auf Kosten einiger unentbehrlicher Dinge – mit einem gewissen, fast luxuriösen Stil eingerichtet. Sein Augenmerk galt insbesondere den Stühlen – mit Armlehnen, tief und weich – Vorhängen und Teppichen. Dieses Interieur habe er sich geschaffen, sagte er, »um die Würde des Überdrusses aufrechtzuerhalten«. In einem modern eingerichteten Zimmer verwandelt sich der Überdruß in Mißbehagen, in körperlichen Schmerz.

Nichts hatte ihn jemals gezwungen, irgend etwas zu tun. Seine Kindheit war einsam gewesen. Er hatte sich nie einer Menschenmenge angeschlossen; nie eine Hochschule besucht; sich nie einer Gruppe zugesellt. Bei ihm war das seltsame Phänomen eingetreten, das bei so manchen – recht besehen vielleicht bei allen eintritt: seine Vorstellungen und Instinkte – allesamt auf Trägheit und Absonderung ausgerichtet – hatten den zufälligen Umständen seines Lebens Form gegeben.

Nie mußte er sich mit den Anforderungen von Staat und Gesellschaft auseinandersetzen. Den Anforderungen seiner eigenen Instinkte wich er aus. Nichts hatte ihn je einem Freund oder gar einer Geliebten zugeführt. Ich war der einzige, mit dem er in gewisser Weise vertraut geworden war. Doch – wenngleich ich immer hinter der Maske einer fremden Persönlichkeit gelebt habe, nämlich der seinen, und vermutete, daß er mich niemals als wahrhaften Freund betrachten würde – war mir stets bewußt, daß er jemanden an sich ziehen würde, um ihm das Buch zu hinterlassen, das er in der Tat hinterließ. Auch wenn es mich anfangs, als ich dessen gewahr wurde, schmerzte, sah ich schließlich alles unter dem einzigen eines Psychologen würdigen Gesichtspunkt und finde Gefallen an dem Gedanken, daß ich auf eben diese Weise sein Freund wurde und mich nun dem Ziel widme, zu dem er mich an sich gezogen hatte: der Veröffentlichung seines Buches.

Sogar in dieser Hinsicht – die Feststellung ist seltsam – konnten die Umstände, indem sie jemanden meines Charakters seinen Weg kreuzen ließen, ihm helfen und waren zu seinem Vorteil.

Fernando Pessoa

 

Autobiographie ohne Ereignisse

Vermittels dieser Eindrücke ohne Zusammenhang und ohne den Wunsch nach Zusammenhang erzähle ich gleichmütig meine Autobiographie ohne Fakten, meine Geschichte ohne Leben. Es sind meine Bekenntnisse und, wenn ich in ihnen nichts aussage, so, weil ich nichts zu sagen habe.

 

Prefácio

Há em Lisboa um pequeno número de restaurantes ou casas de pasto [em] que, sobre uma loja com feitio de taberna decente, se ergue uma sobreloja com uma feição pesada e caseira de restaurante de vila sem comboios. Nessas sobrelojas, salvo ao domingo pouco frequentadas, é frequente encontrarem-se tipos curiosos, caras sem interesse, uma série de apartes na vida.

O desejo de sossego e a conveniência de preços levaram-me, em um período da minha vida a ser frequente em uma sobreloja dessas. Sucedia que, quando calhava jantar pelas sete horas, quase sempre encontrava um indivíduo cujo aspecto, não me interessando a princípio, pouco a pouco passou a interessar-me.

Era um homem que aparentava trinta anos, magro, mais alto que baixo, curvado exageradamente quando sentado, mas menos quando de pé, vestido com um certo desleixo não inteiramente desleixado. Na face pálida e sem interesse de feições um ar de sofrimento não acrescentava interesse, e era difícil definir que espécie de sofrimento esse ar indicava - parecia indicar vários, privações, angústias, e aquele sofrimento que nasce da indiferença que provém de ter sofrido muito.

Jantava sempre pouco, e acabava fumando tabaco de onça. Reparava extraordinariamente para as pessoas que estavam, não suspeitosamente, mas com um interesse especial; mas não as observava como que perscrutando-as, mas como que interessando-se por elas sem querer fixar-lhes as feições ou detalhar-lhes as manifestações de feitio. Foi esse traço curioso que primeiro me deu interesse por ele.

Passei a vê-lo melhor. Verifiquei que um certo ar de inteligência animava de certo modo incerto as suas feições. Mas o abatimento, a estagnação da angústia fria, cobria tão regularmente o seu aspecto que era difícil descortinar outro traço além desse.

Soube incidentalmente, por um criado do restaurante, que era empregado de comércio, numa casa ali perto.

Um dia houve um acontecimento na rua, por baixo das janelas – uma cena de pugilato entre dois indivíduos. Os que estavam na sobreloja correram às janelas, e eu também, e também o indivíduo de quem falo. Troquei com ele uma frase casual, e ele respondeu no mesmo tom. A sua voz era baça e trémula, como a das criaturas que não esperam nada, porque é perfeitamente inútil esperar. Mas era porventura absurdo dar esse relevo ao meu colega vespertino de restaurante.

Não sei porquê, passámos a cumprimentarmo-nos desde esse dia. Um dia qualquer, que nos aproximara talvez a circunstância absurda de coincidir virmos ambos jantar às nove e meia, entrámos em uma conversa casual. A certa altura ele perguntou-me se eu escrevia. Respondi que sim. Falei-lhe da revista Orpheu, que havia pouco aparecera. Ele elogiou-a, elogiou-a bastante, e eu então pasmei deveras. Permiti-me observar-lhe que estranhava, porque a arte dos que escrevem em Orpheu sói ser para poucos. Ele disse-me que talvez fosse dos poucos. De resto, acrescentou, essa arte não lhe trouxera propriamente novidade: e timidamente observou que, não tendo para onde ir nem que fazer, nem amigos que visitasse, nem interesse em ler livros, soía gastar as suas noites, no seu quarto alugado, escrevendo também.

Ele mobilara – é impossível que não fosse à custa de algumas coisas essenciais – com um certo e aproximado luxo os seus dois quartos. Cuidara especialmente das cadeiras – de braços, fundas, moles – , dos reposteiros e dos tapetes. Dizia ele que assim se criara um interior «para manter a dignidade do tédio». No quarto à moderna o tédio torna-se desconforto, mágoa física.

Nada o obrigara nunca a fazer nada. Em criança passara isoladamente. Aconteceu que nunca passou por nenhum agrupamento. Nunca frequentara um curso. Não pertencera nunca a uma multidão. Dera-se com ele o curioso fenómeno que com tantos – quem sabe, vendo bem, se com todos? – se dá, de as circunstâncias ocasionais da sua vida se terem talhado à imagem e semelhança da direcção dos seus instintos, de inércia todos, e de afastamento. 

Nunca teve de se defrontar com as exigências do estado ou da sociedade. Às próprias exigências dos seus instintos ele se furtou. Nada o aproximou nunca nem de amigos nem de amantes. Fui o único que, de alguma maneira, estive na intimidade dele. Mas – apesar de ter vivido sempre com uma falsa personalidade sua, e de suspeitar que nunca ele me teve realmente por amigo – percebi sempre que ele alguém havia de chamar a si para lhe deixar o livro que deixou. Agrada-me pensar que, ainda que ao princípio isto me doesse, quando o notei, por fim vendo tudo através do único critério digno de um psicólogo, fiquei do mesmo modo amigo dele e dedicado ao fim para que ele me aproximou de si – a publicação deste seu livro. 

Até nisto – é curioso descobri-lo – as circunstâncias, pondo ante ele quem, do meu carácter, lhe pudesse servir, lhe foram favoráveis.

 FERNANDO PESSOA         

 

 

      Autobiografia sem factos

 Nestas impressões sem nexo, nem desejo de nexo, narro indiferentemente a minha autobiografia sem factos, a minha história sem vida. São as minhas Confissões, e, se nelas nada digo, é que nada tenho que dizer.

 

 

Fragment 1

29.3.1930

Ich wurde zu einer Zeit geboren, in der die Mehrheit der jungen Leute den Glauben an Gott aus dem gleichen Grund verloren hatte, aus welchem ihre Vorfahren ihn hatten – ohne zu wissen warum. Und weil der menschliche Geist von Natur aus dazu neigt, Kritik zu üben, weil er fühlt, und nicht, weil er denkt, wählten die meisten dieser jungen Leute die Menschheit als Ersatz für Gott. Ich gehöre jedoch zu jener Art Menschen, die immer am Rande dessen stehen, wozu sie gehören, und nicht nur die Menschenmenge sehen, deren Teil sie sind, sondern auch die großen Räume daneben. Deshalb habe ich Gott nie so weitgehend aufgegeben wie sie und niemals die Menschheit als Ersatz akzeptiert. Ich war der Ansicht, daß Gott, obgleich unbeweisbar, dennoch vorhanden sein und also auch angebetet werden könne, daß aber die Menschheit, da sie eine rein biologische Vorstellung ist und nichts anderes bedeutet als eine Gattung von Lebewesen, der Anbetung nicht würdiger sei als irgendeine andere Gattung von Lebewesen. Dieser Menschheitskult mit seinen Riten von Freiheit und Gleichheit erschien mir stets wie ein Wiederaufleben jener alten Kulte, in denen Tiere Götter waren oder die Götter Tierköpfe trugen.

Da ich also weder an Gott noch an eine Summe von Lebewesen glauben konnte, verblieb ich wie andere Außenseiter in jener Distanz zu allem, die man gemeinhin Dekadenz nennt. Dekadenz bedeutet den vollständigen Verlust der Unbewußtheit; denn die Unbewußtheit ist das Fundament des Lebens. Wenn das Herz denken könnte, stünde es still. 

Was bleibt jemandem, der wie ich lebendig ist und doch kein Leben zu haben versteht – ebenso wie den wenigen Menschen meiner Art –, anderes übrig als der Verzicht als Lebensweise und die Kontemplation als Schicksal? Da wir weder wissen noch wissen können, was religiöses Leben ist, weil wir weder mit der Vernunft Glauben haben noch an die Abstraktion Mensch glauben können und nicht einmal wissen, was wir für uns selbst mit ihr anfangen sollen, blieb uns als Motiv für unsere Seele nur die ästhetische Betrachtung des Lebens. Und so ergeben wir uns, fühllos für das Feierliche aller Welten, gleichgültig gegenüber dem Göttlichen und Verächter des Menschlichen, der absichtslosen Empfindung, ohne daß dies einen Sinn hätte, und pflegen sie in einem verfeinerten Epikureertum, wie es unseren Gehirnnerven zugute kommt. 

Indem wir von der Naturwissenschaft nur ihr zentrales Prinzip behalten, daß alles schicksalhaften Gesetzen unterworfen ist, auf die man nicht unabhängig reagieren kann, weil reagieren schon hieße, sie hätten unsere Reaktion bewirkt; indem wir außerdem feststellen, daß dieses Gebot mit dem anderen, älteren vom göttlichen Verhängnis der Dinge übereinstimmt, verzichten wir auf die Anstrengung wie Schwächlinge auf athletische Ertüchtigung und beugen uns über das Buch der Empfindungen mit dem großen Skrupel gefühlter Gelehrsamkeit. 

Indem wir nichts ernst nehmen und unsere Empfindungen als die einzig gewisse Wirklichkeit betrachten, finden wir bei ihnen Zuflucht und erforschen sie wie große unbekannte Länder. Und wenn wir nicht nur Sorgfalt auf die ästhetische Betrachtung, sondern auch auf den Ausdruck ihrer Methoden und Ergebnisse verwenden, dann, weil die Prosa oder Verse, die wir schreiben, ohne fremdes Verständnisvermögen überzeugen oder fremden Willen bewegen zu wollen, nur wie das laute Vorsichhinsprechen eines Lesenden sind, das dazu beiträgt, dem subjektiven Genuß der Lektüre volle Objektivität zu verschaffen. 

Wir wissen wohl, daß jedes Werk zwangsläufig unvollkommen und daß von unseren ästhetischen Betrachtungen die unsicherste diejenige ist, aus der heraus wir schreiben. Unvollkommen jedoch ist alles, es gibt keinen noch so schönen Sonnenuntergang, der nicht noch schöner sein könnte, keine uns Schlaf verschaffende Brise, die uns nicht einen noch ruhigeren Schlaf verschaffen könnte. Und so werden wir, gleichbleibende Betrachter von Bergen und Statuen, die Tage genießen wie die Bücher und alles vor allem zu dem Zweck erträumen, es unserer inneren Substanz anzuverwandeln und dazu Beschreibungen und Analysen erstellen, die, wenn sie erst einmal vorliegen, zu fremden Dingen werden, die wir genießen können, als stellten sie sich mit dem Verlöschen des Tages ein. 

Das ist keine pessimistische Vorstellung wie die de Vignys, für den das Leben ein Gefängnis war, in dem er zum Zeitvertreib Stroh flocht. Pessimist sein heißt etwas tragisch nehmen, eine übertriebene, unbequeme Haltung. Wir besitzen, soviel steht fest, keinen Wertbegriff, den wir auf das Werk, das wir schaffen, anwenden könnten. Wir schaffen es, soviel ist sicher, um uns zu beschäftigen, aber nicht wie der Gefangene, der Stroh flicht, um sein Schicksal zu vergessen, sondern wie das junge Mädchen, das Kissen bestickt, um sich zu beschäftigen – und weiter nichts. 

Ich betrachte das Leben als eine Herberge, in der ich verweilen muß, bis die Postkutsche des Abgrunds eintrifft. Ich weiß nicht, wohin sie mich bringen wird, denn ich weiß nichts. Ich könnte diese Herberge als ein Gefängnis betrachten, weil ich gezwungen bin, in ihr zu warten; ich könnte sie auch als einen Ort der Geselligkeit ansehen, weil ich hier anderen Menschen begegne. Doch bin ich weder ungeduldig noch gewöhnlich. Ich überlasse die ihrer Neigung, die sich in ihr Zimmer einschließen, träge aufs Bett sinken und dort schlaflos warten, so wie ich auch die ihrem Treiben überlasse, die sich in den Salons unterhalten, aus denen Stimmen und Musik zu mir dringen und mich angenehm berühren. Ich setze mich an die Tür und berausche mich mit Aug und Ohr an den Farben und Tönen der Landschaft und singe langsam, für mich allein, undeutlich Lieder, die ich während des Wartens komponiere. 

Für uns alle werden der Abend und die Postkutsche kommen. Ich genieße die Brise, die mir vergönnt ist, und die Seele, die man mir gab, um sie zu genießen, und ich hinterfrage nicht weiter noch suche ich. Wenn das, was ich ins Buch der Reisenden schreibe, eines Tages von anderen gelesen wird und sie während ihrer Rast unterhält, soll es gut sein. Lesen sie es aber nicht und finden kein Vergnügen daran, ist es auch gut.

 

 

 

 

Nasci em um tempo em que a maioria dos jovens haviam perdido a crença em Deus, pela mesma razão que os seus maiores a haviam tido – sem saber porquê. E então, porque o espírito humano tende naturalmente para criticar porque sente, e não porque pensa, a maioria desses jovens escolheu a Humanidade para sucedâneo de Deus. Pertenço, porém, àquela espécie de homens que estão sempre na margem daquilo a que pertencem, nem vêem só a multidão de que são, senão também os grandes espaços que há ao lado. Por isso nem abandonei Deus tão amplamente como eles, nem aceitei nunca a Humanidade. Considerei que Deus, sendo improvável, poderia ser, podendo pois dever ser adorado; mas que a Humanidade, sendo uma mera ideia biológica, e não- significando mais que a espécie animal humana, não era mais digna de adoração do que qualquer outra espécie animal. Este culto da Humanidade, com seus ritos de Liberdade e Igualdade, pareceu-me sempre uma revivescência dos cultos antigos, em que animais eram como deuses, ou os deuses tinham cabeças de animais.

Assim, não sabendo crer em Deus, e não podendo crer numa soma de animais, fiquei, como outros da orla das gentes, naquela distância de tudo a que comummente se chama a Decadência. A Decadência é a perda total da inconsciência; porque a inconsciência é o fundamento da vida. O coração, se pudesse pensar, pararia.

A quem, como eu, assim, vivendo não sabe ter vida, que resta senão, como a meus poucos pares, a renúncia por modo e a contemplação por destino? Não sabendo o que é a vida religiosa, nem podendo sabê-lo, porque se não tem fé com a razão; não podendo ter fé na abstracção do homem, nem sabendo mesmo que fazer dela perante nós, ficava-nos, como motivo de ter alma, a contemplação estética da vida. E, assim, alheios à solenidade de todos os mundos, indiferentes ao divino e desprezadores do humano, entregamo-nos futilmente à sensação sem propósito, cultivada num epicurismo subtilizado, como convém aos nossos nervos cerebrais.

Retendo, da ciência, somente aquele seu preceito central, de que tudo é sujeito às leis fatais, contra as quais se não reage independentemente, porque reagir é elas terem feito que reagíssemos; e verificando como esse preceito se ajusta ao outro, mais antigo, da divina fatalidade das coisas, abdicamos do esforço como os débeis do entre timento dos atletas, e curvamo-nos sobre o livro das sensações com um grande escrúpulo de erudição sentida.

Não tomando nada a sério, nem considerando que nos fosse dada, por certa, outra realidade que não as nossas sensações, nelas nos abrigamos, e a elas exploramos como a grandes países desconhecidos. E, se nos empregamos assiduamente, não só na contemplação estética mas também na expressão dos seus modos e resultados, é que a prosa ou o verso que escrevemos, destituídos de vontade de querer convencer o alheio entendimento ou mover a alheia vontade, é apenas como o falar alto de quem lê, feito para dar plena objectividade ao prazer subjectivo da leitura.

Sabemos bem que toda a obra tem que ser imperfeita, e que a menos segura das nossas contemplações estéticas será a daquilo que escrevemos. Mas imperfeito é tudo, nem há poente tão belo que o não pudesse ser mais, ou brisa leve que nos dê sono que não pudesse dar-nos um sono mais calmo ainda. E assim, contempladores iguais das montanhas e das estátuas, gozando os dias como os livros, sonhando tudo, sobretudo, para o converter na nossa íntima substância, faremos também descrições e análises, que, uma vez feitas, passarão a ser coisas alheias, que podemos gozar como se viessem na tarde.

 

Não é este o conceito dos pessimistas, como aquele de Vigny, para quem a vida é uma cadeia, onde ele tecia palha para se distrair. Ser pessimista é tomar qualquer coisa como trágico, e essa atitude é um exagero e um incómodo. Não temos, é certo, um conceito de valia que apliquemos à obra que produzimos. Produzimo-la, é certo, para nos distrair, porém não como o preso que tece a palha, para se distrair do Destino, senão da menina que borda almofadas, para se distrair, sem mais nada. 

 

Considero a vida uma estalagem onde tenho que me demorar até que chegue a diligência do abismo. Não sei onde ela me levará, porque não sei nada. Poderia considerar esta estalagem uma prisão, porque estou compelido a aguardar nela; poderia considerá-la um lugar de sociáveis, porque aqui me encontro com outros. Não sou, porém, nem impaciente nem comum. Deixo ao que são os que se fecham no quarto, deitados moles na cama onde esperam sem sono; deixo ao ue fazem os que conversam nas salas, de onde as músicas e as vozes cegam cómodas até mim. Sento-me à porta e embebo meus olhos e ouvidos nas cores e nos sons da paisagem, e canto lento, para mim só, vagos cantos que componho enquanto espero. 

Para todos nós descerá a noite e chegará a diligência. Gozo a brisa que me dão e a alma que me deram para gozá-la, e não interrogo mais nem procuro. Se o que deixar escrito no livro dos viajantes puder, relido um dia por outros, entretê-los também na passagem, será bem. Se não o lerem, nem se entretiverem, será bem também.

 

 

 

2

Ich muß wählen, was ich verabscheue: das Träumen, das meinem Verstand verhaßt ist, oder das Handeln, das meiner Sensibilität zuwider ist; das Handeln, zu dem ich nicht geboren bin, oder das Träumen, zu dem niemand geboren ist.
Da ich beides verabscheue, wähle ich keines; weil ich aber mitunter entweder träumen oder handeln muß, vermische ich das eine mit dem anderen.

3

Ich liebe die Stille langer Sommerabende in der Unterstadt, und insbesondere dort, wo sie im größten Gegensatz zum lärmenden Tagesgewühl steht. Die Rua do Arsenal, die Rua da Alfândega und all die traurigen Straßen, die sich am Ende der Rua da Alfândega ostwärts ziehen, die lange, unterbrochene Linie der stillen Kais, sie alle trösten mich mit ihrer Schwermut, wenn ich mich an diesen Abenden in ihr Labyrinth der Einsamkeit begebe. Ich erlebe dann eine Zeit vor der meinen; genieße es, mich als Zeitgenosse Cesário Verdes4 zu fühlen und in mir nicht nur andere Verse als die seinen zu tragen, sondern auch genau jenen Stoff, aus dem sie entstanden. Und gehe ich dort, bis es dunkel wird, begleitet mich ein Lebensgefühl, ähnlich dem dieser Straßen. Bei Tage sind sie erfüllt von einem Treiben, das nichts besagt; bei Nacht sind sie erfüllt von einem fehlenden Treiben, das ebenfalls nichts besagt. Bei Tage bin ich nichts, bei Nacht bin ich ich selbst. Es besteht kein Unterschied zwischen mir und den Straßen in der Umgebung der Alfândega, abgesehen davon, daß sie Straßen sind und ich Seele, was in Anbetracht des Wesens der Dinge vielleicht unwesentlich ist. Es gibt ein gleiches, weil abstraktes Schicksal für Menschen und Dinge – eine gleichermaßen gleichgültige Bezeichnung in der Algebra des Geheimnisses. 

Doch da ist auch noch etwas anderes ... In diesen langsamen, leeren Stunden steigt die Traurigkeit meines gesamten Seins von meiner Seele auf in meinen Geist, das bittere Bewußtsein, daß alles eine Empfindung von mir und zugleich etwas Äußerliches ist, das zu verändern nicht in meiner Macht steht. Ach, wie oft entstehen meine eigenen Träume nur als Dinge, nicht um mir die Wirklichkeit zu ersetzen, sondern um mir zu sagen, wie sehr sie ihr gleichen, da ich sie ebenfalls ablehne und sie außerhalb von mir erscheinen, wie die Elektrische, die gerade um die Kurve am Ende der Straße biegt, oder die Stimme des öffentlichen Ausrufers, der ich weiß nicht was in den Abend verkündet, das sich gegen die Monotonie der Dämmerung abhebt wie ein arabischer Gesang, wie ein plötzlicher Fontänenstrahl. 

Künftige Paare schlendern vorbei, Näherinnen gehen zwei und zwei vorüber, junge Männer eilen zu irgendeinem Vergnügen, von allem befreite Ruheständler rauchen auf ihrem täglichen Spaziergang, vor der einen oder anderen Tür stehen gedankenverloren und müßig die Ladenbesitzer. Langsam nachtwandeln Rekruten – kräftige und schmächtige Burschen – in bald lautstarken, bald mehr als lärmenden Gruppen. Zuweilen erscheinen auch ganz normale Leute. Automobile sind hier zu dieser Tageszeit selten, klingen für mich wie Musik. In meinem Herzen herrscht ein beklemmender Friede, und meine uhe ist Resignation.


All dies geschieht, und nichts von alledem sagt mir etwas, alles ist meinem Schicksal fremd und sogar dem Schicksal selbst – Unbewußtheit, Flüche ohne Sinn und Verstand, als werfe der Zufall Steine, Echos unbekannter Stimmen – kollektiver Salat des Lebens.

(Veröffentlicht in der Zeitschrift Solução Editora 2 und 4, 1929)

4

...und bei der Erhabenheit all meiner Träume, Hilfsbuchhalter in Lissabon! 

Doch der Gegensatz zerreibt mich nicht – er befreit mich; und die Ironie, die in ihm liegt, ist mein Lebenssaft. Was mich herabsetzen sollte, hisse ich als mein Banner; und das Lachen, mit dem ich über mich lachen sollte, ist ein Fanfarensignal, mit dem ich eine Morgenröte, in der ich mich selbst erfinde, erschaffe und grüße. 

Die nächtliche Seligkeit, groß zu sein, ohne etwas zu sein! Die ernste Herrlichkeit des unbekannten Glanzes ... Und mit einem Mal spüre ich die Erhabenheit des Mönchs in der Einsamkeit, des Eremiten in der Einöde, der weiß, daß Christus in den Steinen anwesend ist und in weltabgeschiedenen Höhlen. 

Und an meinem Tisch in diesem absurden, schäbigen Zimmer schreibe ich namenloser kleiner Angestellter Worte, die die Rettung meiner Seele sind, und vergolde mich mit dem unmöglichen Sonnenuntergang über hohen, weiten, fernen Bergen, mit meiner Statue, dem Ersatz für die Freuden des Lebens, und meinem Ring des Verzichts, unerschütterliches Juwel ekstatischer Verachtung, an meinem Apostelfinger. 

 

 

Tenho que escolher o que detesto – ou o sonho, que a minha inteligência odeia, ou a acção, que a minha sensibilidade repugna; ou a acção, para que não nasci, ou o sonho, para que ninguém nasceu.

Resulta que, como detesto ambos, não escolho nenhum; mas, como hei-de, em certa ocasião, ou sonhar ou agir, misturo uma coisa com outra.

 

Amo, pelas tardes demoradas de verão, o sossego da cidade baixa, e sobretudo aquele sossego que o contraste acentua na parte que o dia mergulha em mais bulício. A Rua do Arsenal, a Rua da Alfândega, o prolongamento das ruas tristes que se alastram para leste desde que a da Alfândega cessa, toda a linha separada dos cais quedos – tudo isso me conforta de tristeza, se me insiro, por essas tardes, na solidão do seu conjunto. Vivo uma era anterior àquela em que vivo; gozo de sentir-me coevo de Cesário Verde, e tenho em mim, não outros versos como os dele, mas a substância igual à dos versos que foram dele. Por ali arrasto, até haver noite, uma sensação de vida parecida com a dessas ruas. De dia elas são cheias de um bulício que não quer dizer nada; de noite são cheias de uma falta de bulício que não quer dizer nada. Eu de dia sou nulo, e de noite sou eu. Não há diferença entre mim e as ruas para o lado da Alfândega, salvo elas serem ruas e eu ser alma, o que pode ser que nada valha, ante o que é a essência das coisas. Há um destino igual, porque é abstracto, para os homens e para as coisas – uma designação igualmente indiferente na álgebra do mistério.

Mas há mais alguma coisa... Nessas horas lentas e vazias, sobe-me da alma à mente uma tristeza de todo o ser, a amargura de tudo ser ao mesmo tempo uma sensação minha e uma coisa externa, que não está em meu poder alterar. Ah, quantas vezes os meus próprios sonhos se me erguem em coisas, não para me substituírem a realidade, mas para se me confessarem seus pares em eu os não querer, em me surgirem de fora, como o eléctrico que dá a volta na curva extrema da rua, ou a voz do apregoador nocturno, de não sei que coisa, que se destaca, toada árabe, como um repuxo súbito, da monotonia do entardecer!

 

Passam casais futuros, passam os pares das costureiras, passam rapazes com pressa de prazer, fumam no seu passeio de sempre os reformados de tudo, a uma ou outra porta reparam em pouco os vadios parados que são donos das lojas. Lentos, fortes e fracos, os recrutas sonambulizam em molhos ora muito ruidosos ora mais que ruidosos. Gente normal surge de vez em quando. Os automóveis ali a esta hora não são muito frequentes; esses são musicais. No meu coração há uma paz de angústia, e o meu sossego é feito de resignação.

 

Passa tudo isso, e nada de tudo isso me diz nada, tudo é alheio ao meu destino, alheio, até, ao destino próprio – inconsciência, carambas ao despropósito quando o acaso deita pedras, ecos de vozes incógnitas – salada colectiva da vida.

  

... e do alto da majestade de todos os sonhos, ajudante de guarda-livros na cidade de Lisboa.

Mas o contraste não me esmaga – liberta-me; e a ironia que há nele é sangue meu. O que devera humilhar-me é a minha bandeira, que desfraldo; e o riso, com que deveria rir de mim, é um clarim com que saúdo e gero uma alvorada em que me faço.

A glória nocturna de ser grande não sendo nada! A majestade sombria de esplendor desconhecido... E sinto, de repente, o sublime do monge no ermo, e do eremita no retiro, inteirado da substância do Cristo nas pedras e nas cavernas do afastamento do mundo.

E na mesa do meu quarto absurdo, reles, empregado e anónimo, escrevo palavras como a salvação da alma e douro-me do poente impossível de montes altos vastos e longínquos, da minha estátua recebida por prazeres, e do anel de renúncia em meu dedo evangélico, jóia parada do meu desdém extático.

 

5

Vor mir, auf der Schräge des alten Schreibpults, liegen aufgeschlagen die beiden großen Seiten des schweren Hauptbuches, von dem ich mit müden Augen und einer noch müderen Seele aufblicke. Jenseits dieser Nichtigkeit reiht das Geschäft bis zur Rua dos Douradores die regelmäßigen Regale, die regelmäßigen Angestellten, die menschliche Ordnung und die Ruhe des Alltags. Das Geräusch des Vielfältigen brandet an die Fensterscheibe, und dieses vielfältige Geräusch ist ebenso alltäglich wie die Stille neben den Regalen. 

Mit neuen Augen sehe ich die beiden weißen Seiten vor mir, in die meine sorgfältigen Zahlen die Bilanzen der Firma eingetragen haben. Und insgeheim lächelnd, denke ich, daß das Leben, das diese Seiten mit ihren Stoffbezeichnungen und Geldbeträgen beinhalten, mit ihren leeren Stellen und ihren mit dem Lineal und in Schönschrift ausgeführten Strichen auch die großen Seefahrer, die großen Heiligen, die Dichter aller Epochen mit einschließt, lauter Leute ohne Buchführung, die weitläufige, verstoßene Nachkommenschaft all derer, die den Wert der Welt ausmachen. 

Wenn ich einen Stoff eintrage, von dem ich nicht weiß, wie er beschaffen ist, öffnen sich mir die Tore des Indus und Samarkands, und die Dichtung Persiens, die weder mit dem einen noch mit dem anderen Ort zu tun hat, ist mir mit ihren Vierzeilern, deren dritter Vers reimlos ist, eine ferne Stütze für meine Unruhe. Doch mir unterläuft kein Fehler, ich schreibe, addiere, die Buchhaltung wird fortgeführt und von einem Angestellten dieses Büros brav zum Abschluß gebracht.


(Veröffentlicht in der Zeitschrift Solução Editora Nr. 4, 1929)

 

 

Tenho diante de mim as duas páginas grandes do livro pesado; ergo da sua inclinação na carteira velha, com os olhos cansados, uma alma mais cansada do que os olhos. Para além do nada que isto representa, o armazém, até à Rua dos Douradores, enfileira as prateleiras regulares, os empregados regulares, a ordem humana e o sossego do vulgar. Na vidraça há o ruído do diverso, e o ruído diverso é vulgar, como o sossego que está ao pé das prateleiras.

Baixo olhos novos sobre as duas páginas brancas, em que os meus números cuidadosos puseram resultados da sociedade. E, com um sorriso que guardo para meu, lembro que a vida, que tem estas páginas com nomes de fazendas e dinheiro, com os seus brancos, e os seus traços a régua e de letra, inclui também os grandes navegadores, os grandes santos, os poetas de todas as eras, todos eles sem escrita, a vasta prole expulsa dos que fazem a valia do mundo.

No próprio registo de um tecido que não sei o que seja se me abrem as portas do Indo e de Samarcanda, e a poesia da Pérsia, que não é de um lugar nem de outro, faz das suas quadras, desrimadas no terceiro verso, um apoio longínquo para o meu desassossego. Mas não me engano, escrevo, somo, e a escrita segue, feita normalmente por um empregado deste escritório.

  

 

 

6

Ich habe so wenig vom Leben erbeten, und selbst dieses wenige hat das Leben mir versagt. Einen Streif Sonnenlicht, eine Zeit auf dem Land, ein bißchen Ruhe und einen Bissen Brot, daß mich die Erkenntnis meiner Existenz nicht zu sehr belaste, daß ich nichts von den anderen erwarte, noch sie von mir. Selbst dies wurde mir verweigert, so als verweigere jemand ein Almosen, nicht weil er kein gutes Herz hätte, sondern um den Mantel nicht aufknöpfen zu müssen.

Traurig schreibe ich in meinem stillen Zimmer, allein, wie ich immer gewesen bin, allein, wie ich immer sein werde. Und ich frage mich, ob meine offenbar so unbedeutende Stimme nicht die Substanz Tausender Stimmen verkörpert, den Hunger Tausender Leben, sich mitzuteilen, die Geduld von Millionen Seelen, wie die meine dem alltäglichen Schicksal unterworfen, dem unnützen Traum, der aussichtslosen Hoffnung.
 

In solchen Augenblicken schlägt mein Herz schneller, denn ich bin mir seiner bewußt. Ich lebe mehr, denn ich lebe größer. Ich spüre in meiner Person eine religiöse Kraft, eine Art Gebet, etwas, das einer Wehklage gleicht. Doch der Widerspruch steigt herab aus meinem Verstand … Ich sehe mich im vierten Stock in der Rua dos Douradores, bin müde bei mir und nicht bei mir; betrachte auf dem halbbeschriebenen Blatt das Leben ohne Fülle und Schönheit und den schlechten, aber erschwinglichen Zigarettentabak auf dem fleckigen Löschpapier. Ich hier, in diesem vierten Stock, und das Leben befragen!, sagen, was die Seelen der anderen fühlen!, Prosa schreiben wie Genies und Berühmtheiten! Ich, hier, – so! ...

 

Pedi tão pouco à vida e esse mesmo pouco a vida me negou. Uma réstia de parte do sol, um campo, um bocado de sossego com um bocado de pão, não me pesar muito o conhecer que existo, e não exigir nada dos outros nem exigirem eles nada de mim. Isto mesmo me foi negado, como quem nega a esmola não por falta de boa alma mas para não ter que desabotoar o casaco.

Escrevo, triste, no meu quarto quieto, sozinho como sempre tenho sido, sozinho como sempre serei. E penso se a minha voz, aparentemente tão pouca coisa, não incarna a substância de milhares de vozes, a fome de dizerem-me de milhares de vidas, a paciência de milhões de almas submissas como a minha ao destino quotidiano, ao sonho inútil, a esperança sem vestígios.

 

 Nestes momentos meu coração pulsa mais alto por minha consciência dele. Vivo mais porque vivo maior. Sinto na minha pessoa uma força religiosa, uma espécie de oração, uma semelhança de clamor. Mas a reacção contra mim desce-me da inteligência... Vejo-me no quarto andar alto da Rua dos Douradores, sinto-me com sono; olho, sobre o papel meio escrito, a vida já sem beleza e o cigarro barato que esquecido estendo sobre o mata-borrão velho. Aqui eu, neste quarto, a interpelar a vida!, a dizer o que as almas sentem!, a fazer prosa como os génios e os célebres! Aqui eu assim!

 

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